Neue Erkenntnisse zum Oroya-Fieber

Möglichkeit neuartiger Therapie?
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Bartonella bacilliformis infiziert einen menschlichen Erythrozyten.
Bartonella bacilliformis (blau) infiziert einen menschlichen Erythrozyten. © Jürgen Berger, MPI für Biologie, CC-BY 4.0: https://creativecommons.org/licenses/by/4.0
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Ohne antibiotische Behandlung führt das Oroya-Fieber in mehr als 90 Prozent der Fälle zum Tod. Neue Therapien werden deshalb für diese vernachlässigte Tropenkrankheit gesucht.

Einer der heimtückisten Infektionserreger, Bartonella bacilliformis, wird durch Stiche infizierter Sandmücken (Gattung Lutzomyia) übertragen. B. bacilliformis kommt laut CDC ausschließlich in den Anden in Höhenlagen von 900 bis 3.000 Metern im westlichen Südamerika vor, darunter in Peru, Kolumbien und Ecuador. Die meisten Fälle werden aus Peru gemeldet. Bartonella bacilliformis verursacht eine der gefährlichsten Infektionserkrankungen überhaupt: das sogenannte „Oroya-Fieber“. Ohne antibiotische Behandlung führt es in mehr als 90 Prozent der Fälle zum Tod, denn der Erreger zerstört die roten Blutkörperchen. Forschende der Universitätsmedizin Frankfurt haben aufgeklärt, wie der Erreger die Krankheit auslöst [1]. In Laborexperimenten gelang es ihnen zudem, die Zerstörung der roten Blutkörperchen zu hemmen. Die Ergebnisse eröffnen die Möglichkeit, eine neuartige Therapie gegen diese oft tödliche Infektionskrankheit zu entwickeln. 

Kommen die Mücken auch nach Europa?

Das Oroya-Fieber ist zwar eine äußerst schwere Infektionskrankheit, gehört aber zu den so genannten vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases). Das Oroya-Fieber wurde erstmals 1870 im Zusammenhang mit dem Bau einer Eisenbahnlinie von Lima nach Oroya in Peru gemeldet. Ein Ausbruch des Fiebers forderte mehrere tausend Todesopfer unter den Arbeitern und wurde nach dem Ort seines ersten Auftretens benannt. Doch bereits die spanischen Eroberer Südamerikas waren damit konfrontiert und ältere Darstellungen von betroffenen Menschen wurden gefunden. Denn in einer späteren Phase der Erkrankung bilden sich bei den Überlebenden Verruga peruana (Peruanische Warzen), Wucherungen unter der Haut, die sich zu rot-violetten Gefäßgeschwüren entwickeln, die aufplatzen oder bluten können. Von der Forschung und der Arzneimittelentwicklung wurde die Krankheit bislang kaum beachtet. Die Erkrankung beginnt meist mit hohem Fieber und einer massiven Zerstörung roter Blutkörperchen (Erythrozyten) und resultiert in einer sogenannten hämolytischen Anämie. Ohne antibiotische Behandlung endet das Oroya-Fieber in bis zu 90 Prozent der Fälle tödlich. Bereits 26 Prozent der Erreger sind resistent gegen das Standardantibiotikum Ciprofloxacin, was eine antibiotische Behandlung deutlich erschwert. Lutzomyia-Sandmücken kommen bisher nur in Südamerika vor. Als Folge der Klimaerwärmung sowie der zunehmenden Reisefrequenz erwarten Experten jedoch, dass sich das Verbreitungsgebiet dieser Sandfliegen künftig auch auf andere Kontinente und bis nach Europa ausdehnen könnte.

α/β-Hydrolase als geeignetes Zielprotein

Ein internationales Forschungsteam um Prof. Volkhard Kempf, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Universitätsmedizin Frankfurt, an dem auch das vom Robert Koch-Institut benannte Konsiliarlabor für Bartonella-Infektionen angesiedelt ist, hat jetzt mehr als 1.700 genetische Varianten des Erregers hergestellt und analysiert und so zwei Proteine identifiziert, die Bartonella für die Zerstörung der roten Blutkörperchen benötigt [1]: Ein sogenanntes Porin, das den Austausch zum Beispiel von Ionen mit der Umgebung ermöglicht, sowie ein Enzym namens α/β-Hydrolase, die beide zusammen für die Hämolyse verantwortlich sind. Strukturanalysen und gezielte Punktmutationen zeigten, dass die hämolytische Aktivität von Bartonella bacilliformis strikt von der enzymatischen Intaktheit der α/β-Hydrolase abhängt. „Beide Proteine sind im Zusammenspiel für die Zerstörung humaner Erythrozyten entscheidend und liefern damit eine Erklärung für das charakteristische Krankheitsbild des Oroya-Fiebers“, erklärt Dr. Alexander Dichter, Erstautor der Studie. „Das macht die α/β-Hydrolase zu einem geeigneten Zielprotein für medikamentöse Wirkstoffe.“

Fundament für neuartige Therapiemöglichkeiten?

In Laborexperimenten konnten die Forschenden denn auch einen Hemmstoff identifizieren, einen Phospholipase-Inhibitor, der die Aktivität der α/β-Hydrolase blockiert und auch die Hämolyse von Erythrozyten verhindern kann. „Wenn es gelänge, auf eine solche Weise auch im menschlichen Körper gezielt die krankmachende Wirkung des Bakteriums auszuschalten, hätte man womöglich eine Therapie, gegen die sich kaum Resistenzen bilden können“, ist Dichter überzeugt. „Das Oroya-Fieber ist ein ernstes Gesundheitsproblem in Peru und Südamerika, an dem jedes Jahr hunderte Menschen sterben, ohne dass dieses von der restlichen Welt zur Kenntnis genommen wird. Die Krankheit ist armutsbedingt und zählt zu den vernachlässigten Tropenkrankheiten, die viel zu wenig Beachtung in der Öffentlichkeit erhalten“, erklärt Kempf. „Umso mehr freuen wir uns, dass wir das Fundament für die Entwicklung neuartiger Therapiemöglichkeiten gegen das Oroya-Fieber gelegt und damit einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen diese vernachlässigte Tropenerkrankung geleistet haben.“

Nach dem Auslaufen der Förderung für das Projekt bemühe man sich jetzt um Finanzierungsmöglichkeiten, um die Forschung fortzusetzen, so Kempf. „Nachdem wir die Hämolyse aufgeklärt haben, wollen wir als nächstes wissen, wie der Erreger an die Erythrozyten bindet, da ja die Adhärenz von Erregern an Wirtszellen immer den ersten Schritt einer Infektion darstellt. Die Adhärenzmechanismen eines verwandten Erregers, des Bakteriums Bartonella henselae, konnten wir vor einigen Jahren bereits aufklären.“

Literatur:
1.    Dichter AA, Winklmeier F, Munteh D, et al.: Porin A and α/β-hydrolase are necessary and sufficient for hemolysis induced by Bartonella bacilliformis. Nature Communications, 2025, DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-025-66781-x.

2.    Blazes DL, Mullins K, Smoak BL, et al.: Novel Bartonella agent as cause of verruga peruana. Emerg Infect Dis. 2013 Jul; 19 (7): 1111-4, DOI: 10.3201/eid1907.121718. 

Quelle: idw/Goethe-Universität Frankfurt am Main   

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