Eigentlich handelt es sich beim Medulloblastom um vier unterschiedliche Krebserkrankungen, die das Kleinhirn betreffen, welches für die Bewegungskoordination zuständig ist. 70 bis 80 Prozent der Betroffenen können mit den heute verfügbaren Therapieoptionen überleben. Doch aufgrund der aggressiven Therapie leiden viele Patientinnen und Patienten unter schweren Langzeitfolgen, da auch gesundes Gewebe angegriffen wird. Forschende vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung am Universitätsklinikum Tübingen haben mithilfe der CRISPR-Genschere ein neues vielversprechendes Angriffsziel im Medulloblastom gefunden, bei dem umliegendes gesundes Gewebe geschont werden soll.
CRISPR-Genschere identifiziert Schwachstellen
Die neue Entdeckung bezieht sich auf die Form des Medulloblastoms, welches eine hohe Aktivität des Sonic Hedgehog (SHH)-Signalwegs aufweist. Beim Erwachsenen ist diese Form bereits gut behandelbar, da man den SHH-Signalweg direkt angreifen kann. Doch bei Kindern spielt dieser Signalweg in der Entwicklung eine wichtige Rolle, sodass diese Möglichkeit nicht verfügbar ist. Auf der Suche nach anderen Schwachstellen wurde das Team vom Hertie-Institut um Daniel Merk nun fündig. Mithilfe der CRISPR-Genschere und Modellsystemen haben sie erforscht, welche Gene für den Tumor wichtig sind und was passiert, wenn sie diese Gene ausschalten.
SHH-Signalweg indirekt angreifen
Es zeigte sich, dass die Tumorzellen des SHH-Medulloblastoms vor allem von epigenetischen Regulatoren abhängig sind. Sie kontrollieren die Verpackung des Erbguts und haben damit direkten Einfluss darauf, wie sich der Tumor verhält. Einer dieser Regulatoren, das Gen DNMT1, kann mithilfe von Medikamenten inhibiert und in der Funktion eingeschränkt werden. Es zeigte sich auch, dass DNMT1 einen direkten Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat: je aktiver DNMT1 ist, desto geringer sind die Chancen auf eine Heilung. Obwohl DNMT1 kein direkter Bestandteil des SHH-Signalwegs ist, spielt es eine wichtige Rolle in der Signalübertragung: fehlt DNMT1, ist der gesamte Signalweg gestört.
Im Mausmodell bestätigten sich die neuen Erkenntnisse. Sowohl SHH- als auch DNMT1-Inhibitoren hemmten das Wachstum der Tumoren und beide Medikamente zusammen waren sogar am erfolgreichsten. Versuche an menschlichen SHH-Medulloblastomen belegten den synergistischen Effekt beider Medikamente. Gegen einige Leukämie-Erkrankungen sind DNMT1-Inhibitoren bereits im Einsatz bei Kindern und zeigen keine gravierenden Nebenwirkungen wie die SHH-Inhibitoren. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die kombinierte Therapie mit SHH-Inhibitoren bei Erwachsenen.
Quelle: idw
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