Per Deep Learning zur präzisen Krebstherapie

Mithilfe künstlicher Intelligenz eine präzise Diagnose stellen
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Das Bild zeigt eine futuristische Darstellung von Deep Learning, einem Teilbereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Es kombiniert die Silhouette eines Kopfes mit Zahnrädern, die für maschinelles Lernen und neuronale Netzwerke stehen, sowie eine Hand, die auf die digitale Struktur zugreift.
© WrightStudio/stock.adobe.com
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Ein Team um Altuna Akalin vom Max Delbrück Center hat ein neues Werkzeug entwickelt, das Krebserkrankten und ihren Ärztinnen und Ärzten den Weg zur besten Behandlung weist. Sein jüngstes Tool arbeitet mit tiefen neuronalen Netzen und kann multimodale Daten auswerten.

Jahr für Jahr werden fast 50 neue Krebstherapien zugelassen. Eigentlich ist das eine gute Nachricht. „Doch für die Erkrankten und die behandelnden Ärztinnen und Ärzte wird es immer schwieriger, den Durchblick zu behalten und die Behandlungsmethoden auszuwählen, von denen die Betroffenen mit ihren ganz individuellen Tumormerkmalen am meisten profitieren“, sagt Dr. Altuna Akalin, der Leiter der Technologieplattform „Bioinformatics and Omics Data Science“ am Berliner Institut für Medizinische Systembiologie des Max Delbrück Center (MDC-BIMSB).

Ein Toolkit namens Flexynesis

Der Wissenschaftler arbeitet schon länger daran, Werkzeuge zu entwickeln, die mithilfe künstlicher Intelligenz eine präzise Diagnose stellen und im Anschluss die jeweils beste, auf die einzelnen Patientinnen und Patienten zugeschnittene Therapieform ermitteln.

Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe hat Akalin nun ein Toolkit namens Flexynesis entwickelt, das nicht nur auf klassischem maschinellen Lernen beruht, sondern mittels Deep Learning ganz unterschiedliche Datentypen gleichzeitig auswertet – zum Beispiel Multi-Omics-Daten oder auch speziell verarbeitete Texte und Bilder, etwa CT- oder MRT-Aufnahmen.

Mehrere translationale Projekte mit Ärztinnen und Ärzten

„Auf diese Weise verhilft es Ärztinnen und Ärzten zu besseren Diagnosen, Prognosen und Behandlungsstrategien für ihre Patientinnen und Patienten“, sagt Akalin. Er und sein Team haben Flexynesis jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ vorgestellt. Erst- und ko-korrespondierender Autor der Publikation ist Dr. Bora Uyar aus seiner Arbeitsgruppe.

„Wir sind an mehreren translationalen Projekten mit Ärztinnen und Ärzten beteiligt, die gerne anhand von Multi-Omics-Daten Biomarker identifizieren würden, die mit Krankheitsverläufen korrelieren“, sagt Uyar. „Obwohl dafür schon viele Deep-Learning-basierte Methoden entwickelt wurden, haben sich die meisten als unflexibel erwiesen: Sie waren an bestimmte Modellierungsaufgaben gebunden oder schwer zu installieren und anzuwenden.“

Diese Lücke habe sein Team motiviert, Flexynesis als ein Toolkit zu entwickeln, das für verschiedene Modellierungsaufgaben flexibel einsetzbar ist und auf PyPI, Guix, Docker, Bioconda und Galaxy verfügbar ist. „So können es andere problemlos in ihre eigenen Pipelines integrieren“, erklärt Uyar.

Das Tool findet den Ursprung der Erkrankung

Deep Learning ist ein Teilbereich des maschinellen Lernens, bei dem nicht nur einfache neuronale Netze mit einer oder zwei Rechenschichten verwendet werden, sondern tiefe Netze, die mit vielen hundert oder gar tausend solcher Schichten arbeiten. „Krebs und andere komplexe Krankheiten entstehen durch das Zusammenspiel unterschiedlicher biologischer Faktoren, zum Beispiel auf der Ebene der DNA, der RNA und der Proteine“, erläutert Akalin.

Charakteristische Veränderungen auf diesen Ebenen – etwa die Menge des hergestellten HER2-Proteins bei Brust- oder Magenkrebs – werden vielfach schon erfasst, meist aber noch nicht im Zusammenspiel mit allen anderen therapierelevanten Faktoren analysiert.

Geeignete Biomarker für die Diagnose und die Prognose

Hier setzt Flexynesis an. „Vergleichbare Werkzeuge waren bisher oft wenig benutzerfreundlich oder nur für bestimmte Fragestellungen geeignet“, sagt Akalin. „Flexynesis hingegen kann verschiedene medizinische Fragen gleichzeitig beantworten: zum Beispiel um welche Art von Krebs es sich genau handelt, welche Medikamente in diesem Fall besonders wirksam sind und wie sie sich auf die Überlebenschancen der Patientinnen und Patienten auswirken.“

Auch helfe das Tool dabei, geeignete Biomarker für die Diagnose und die Prognose zu identifizieren oder – wenn man Metastasen unklarer Herkunft entdecke – den Ursprungstumor auszumachen. „Somit wird es einfacher, für alle Krebspatientinnen und -patienten umfassende und personalisierte Behandlungsstrategien zu entwickeln“, sagt Akalin.

Datenintegration in der Klinik – auch ohne KI-Erfahrung

Erst vor knapp einem Jahr hatte der Forscher ein weiteres KI-basiertes Werkzeug namens Onconaut vorgestellt. Es hilft ebenfalls bei der Suche nach der passenden Krebstherapie. „Onconaut nutzt dafür bekannte Biomarker, Ergebnisse klinischer Studien und die aktuellen Leitlinien – arbeitet also nach einem ganz anderen Prinzip“, erläutert Akalin. „Das Tool wird jetzt nicht überflüssig, sondern kann Flexynesis sinnvoll ergänzen.“

Eine der größten Hürden, die sein neues Werkzeug zumindest hierzulande noch überwinden muss: Multi-Omics-Daten werden bisher in den Kliniken nicht routinemäßig erhoben. „In den USA hingegen diskutiert man sie in den Tumorkonferenzen, bei denen Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen die Therapie für ihre Patientinnen und Patienten gemeinsam planen, schon häufig“, berichtet Akalin.

Keine besondere Erfahrung im Umgang mit Deep Learning erforderlich

Und sein Team habe gezeigt, dass sich anhand dieser Daten sehr gut vorhersagen lasse, ob eine bestimmte Behandlung anschlägt oder nicht. „In Deutschland nutzt man detaillierte Multi-Omics-Daten bisher nur in Vorzeigeprogrammen wie beispielsweise dem MASTER-Programm zu seltenen Krebserkrankungen“, sagt Akalin. Doch das werde sich womöglich bald ändern.

Der Wissenschaftler betont, dass die Nutzerinnen und Nutzer seines Tools, das sich momentan vor allem an Ärztinnen und Ärzte sowie klinische Forschende wendet und kontinuierlich aktualisiert wird, keine besondere Erfahrung im Umgang mit Deep Learning haben müssen. „Ich hoffe, dass es die Hürden für Krankenhäuser und Forschungsgruppen senkt, die multimodale Datenintegration – also die gleichzeitige Analyse von Omics-Daten, schriftlichen Befunden und Bildern – auch ohne KI-Expertinnen und -experten an ihrer Seite vorzunehmen“, sagt Akalin. Flexynesis lasse sich ganz einfach im Internet aufrufen. Eine Anleitung zur Nutzung des Tools findet sich ebenfalls dort.

Originalpublikation:
Bora Uyar, et al. (2025): „Flexynesis: A deep learning toolkit for bulk multi-omics data integration for precision oncology and beyond“. Nature Communications, DOI: 10.1038/s41467-025-63688-5


Quelle: idw

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