Schnelle Vermehrung: Chaperone der Pockenviren
In der aktuellen Studie untersuchten die Forschenden einen großen Proteinkomplex des Pockenvirus, den sogenannten complete vRNAP. Dies ist eine RNA-Polymerase, die man bei Vaccinia, dem prototypischen Pockenvirus findet, und die aus 15 Proteinen und einer RNA besteht. Dieser Komplex übernimmt eine wichtige Rolle in der Genexpression und die unterschiedlichen Bestandteile übernehmen unterschiedliche Aufgaben.
Assembly-Chaperone
Es ist eine Art „All in One“-Unit: ein Faktor sorgt für das Andocken an Startstellen, einer ist für das Loslösen zuständig und ein weiterer modifiziert die neue messenger-RNA. Das Interesse der Studienautorinenn und -autoren lag vor allem darin herauszufinden, wie so viele Bestandteile so strukturiert arbeiten: Wer ist der „Chef vom Dienst“? Es zeigte sich, dass es sich hierbei um ein Assembly-Chaperone handelt. Die Aufgabe von Assembly-Chaperonen ist es, unterschiedliche Bausteine im Zellinneren an einem Ort zu konzentrieren und diese zu geordneten Proteinkomplexen zusammenzufügen. Diese Moleküle verändern ihre Struktur, während sie eine bestimmte Aufgabe erfüllen, um anschließend in ihre ursprüngliche Form zurückzukehren.
Überlebenssicherung des Virus
Doch beim hier gefundenen Assembly-Chaperone handelt es sich nicht um ein Protein, sondern um eine tRNA. „Normalerweise hat RNA an solchen Stellen nichts zu suchen. Hier sitzt aber eine tRNA zentral zwischen der Polymerase und den assoziierten Faktoren und sorgt für deren Zusammenhalt und Bereitstellung für den Start der Genexpression“, erläutert Dr. Clemens Grimm, der für die Strukturanalyse der Studie verantwortlich war.
Der Komplex wird zu einem späten Stadium der Infektion gebildet, um in ein neues Virus integriert zu werden und dort für einen Kickstart der Transkription zu sorgen. Alle notwendigen Einheiten werden jedoch bereits zu Beginn zusammengepackt, um den initialen Teil der Infektion zu überstehen – ein Survival Kit der Pockenviren.
Gefährliche Mutationen
Obwohl es sich hierbei um Grundlagenforschung handelt, erhalten die neuen Erkenntnisse eine besondere Bedeutung aufgrund der jüngsten Entwicklungen in Afrika. Seit gut drei Jahren treten in mehreren Staaten Mpox-Viren auf, die für regionale Infektionsgeschehen sorgen. Durch die Verwandtschaft zu Vaccinia lassen sich die neuen Erkenntnisse für die Entwicklung neuer Impfstoffe nutzen. Denn da die Welt seit 1980 als pockenfrei gilt, kann ein mutiertes Mpox-Virus auf Generationen ungeimpfter Personen treffen.
Quelle: idw
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