Hirntumore werden entweder nur mittels Bestrahlung behandelt oder in einer Kombination von Operation und Strahlentherapie. Die Strahlentherapie erfolgt entweder „klassisch“ mittels Photonen, oder mit Protonen, wobei die „relative biologische Wirksamkeit“ den Protonen eine 10-prozentige höhere Effektivität zuschreibt. Doch die Wirkung kann lokal höher liegen, wobei das gesunde, den Tumor umgebende Gewebe und empfindliche Strukturen wie der Sehnerv am stärksten gefährdet sind.
Variable relative biologische Wirksamkeit
„Wenn wir für die biologische Wirksamkeit der Protonen nur einen festen Wert annehmen, unterschätzen wir in bestimmten Fällen die Belastung für gesundes Gewebe und damit das Risiko für mögliche Nebenwirkungen“, erläutert Martina Palkowitsch, Doktorandin am OncoRay und Erstautorin der Studie. Daher untersuchten sie die Behandlungsdaten von 105 Patientinnen und Patienten mit Hirntumoren und einer Behandlung durch Protonentherapie. Sie berechneten für alle Behandlungspläne, wie sich die geschätzte Wahrscheinlichkeit 16 typischer Nebenwirkungen verändert, wenn statt einer konstanten eine variable relative biologische Wirksamkeit verwendet wird.
Das Ergebnis zeigte, dass in einem Drittel der Fälle das Risiko für Nebenwirkungen falsch eingeschätzt wurde. Lag der Tumor nah an empfindlichen Organen, war das Risiko besonders hoch. Daneben spielen auch das Alter der Patientinnen und Patienten, die Größe des behandelten Bereichs und die begleitende Chemotherapie eine Rolle.
30 Prozent weniger Nebenwirkungen
Im nächsten Schritt testeten die Forschenden zwei neue Ansätze zur Optimierung der Bestrahlungsplanung, um Nebenwirkungen zu minimieren. Neben der Strahlendosis wurde auch die variable biologische Wirksamkeit der Protonen beachtet sowie, dass hoch wirksame Anteile der Strahlung nicht in empfindlichem Gewebe liegen. Diese Methoden testeten sie an sechs Patientinnen und Patienten, von denen fünf ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko aufwiesen.
Das Ergebnis: die Wirksamkeit im Tumor blieb weiterhin hoch, wie in den klassischen Behandlungsplänen, doch das Risiko auf Nebenwirkungen konnte in den besonders gefährdeten Bereichen im Schnitt um 30 Prozent gesenkt werden. Für die klinische Anwendbarkeit entwickelten die Forschenden ein Vorhersagemodell, welche Patientinnen und Patienten von der neuen Methode am meisten profitieren. Ausschlaggebend hierbei sind unter anderem der Abstand zwischen Tumor und Risikoorganen.
Das Verfahren soll nun weiterentwickelt werden, um es in den klinischen Alltag integrieren zu können. Der nächste Schritt sind klinische Studien, um das Verfahren zu testen. Eine weitere Arbeit der Forschungsgruppe erlangte kürzlich große Anerkennung. Anhand von Nachsorge-MRTs konnten die Forschenden zeigen, dass sich das Risiko von Hirnläsionen besser vorhersagen lässt, wenn einer variable biologische Wirksamkeit bei der Protonentherapie berücksichtigt wird.
Quelle: idw
Artikel teilen