Tic-Störungen bei Mädchen immer häufiger neu diagnostiziert
Im Jahr 2021 ist bei rund 30.000 gesetzlich Versicherten Jungen und Mädchen im Alter bis 17 Jahren erstmals eine Tic-Störung vertragsärztlich dokumentiert worden. Das entspricht einer Inzidenz von 35,7 Erstdiagnosen je 10.000 Mädchen und Jungen bis 17 Jahre (Jungen: 47,5, Mädchen: 24,2). Mehr als zwei Drittel der Erstdiagnosen sind bei den Drei- bis Zehnjährigen gestellt worden.
Die Inzidenz war mit Ausnahme von 2021 bei Jungen mehr als doppelt so hoch wie bei Mädchen. Allerdings verringerte sich der Geschlechtsunterschied über die Zeit: Im ersten Studienjahr 2014 lag das Verhältnis der Inzidenz von Jungen zu Mädchen bei 2,3. Im letzten Studienjahr 2021 bei 2,0. Während bei den Jungen zwischen 2014 und 2018 in den vertragsärztlichen Abrechnungsdaten ein Rückgang des Diagnoserisikos um 13,3 Prozent zu verzeichnen war, sank die Inzidenz bei Mädchen um 10,6 Prozent. Im Zeitraum 2018 bis 2021 war sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen ein Wiederanstieg neu diagnostizierter Tic-Störungen zu beobachten. Dieser fiel bei Mädchen allerdings stärker aus als bei Jungen (32,8 vs. 17,0 Prozent).
Kurze Bewegungen oder Lautäußerungen
Das sind die zentralen Ergebnisse einer Datenanalyse zur Inzidenzentwicklung verschiedener psychischer Störungen sowie Entwicklungs- und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zuletzt in seinem Versorgungsatlas veröffentlicht hat.
Tics sind meist kurze Bewegungen oder Lautäußerungen, die oft in rascher Abfolge und ohne ersichtlichen Bezug zur aktuellen Situation wiederholt werden. Starkes Blinzeln oder Kopfschleudern beispielsweise zählen zu den motorischen, Räuspern oder Pfeifen zu den vokalen Tics. Eine der wohl bekanntesten Tic-Störungen ist das Tourette-Syndrom, bei dem verschiedene vokale und motorische Tics gemeinsam auftreten. In vielen Fällen gehen Tic-Störungen mit weiteren Verhaltensauffälligkeiten beziehungsweise psychischen Begleiterkrankungen wie Ängsten und Zwängen, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder einer Depression einher. Je nach Ausprägung des Schweregrads kann soziale Ausgrenzung der Betroffenen eine Folge sein.
Oftmals keine ärztliche Behandlung
In der Regel treten Tic-Störungen erstmals im Kindes- oder Jugendalter auf, insbesondere im Alter zwischen drei und acht Jahren. Etwa zehn Prozent aller Kinder sind nur vorübergehend betroffen. Bei circa vier Prozent der Betroffenen dauern die Symptome hingegen länger als ein Jahr an. Medizinische Hilfe wird oftmals erst aufgesucht, wenn Tics als störend wahrgenommen werden. Viele Betroffene gewöhnen sich im Lauf der Zeit daran. Dann findet oftmals keine ärztliche Behandlung mehr statt.
Zu den Erkrankungsursachen von Tic-Störungen ist nur wenig bekannt. Es wird angenommen, dass sowohl genetische als auch Umweltfaktoren, die die Regulationssysteme (zum Beispiel das Immun- und das endokrine System) beeinflussen, zusammenwirken könnten, um eine neurobiologische Anfälligkeit für die Entwicklung von Tics zu schaffen.
Quelle: Zi
https://doi.org/10.20364/VA-23.05
https://www.zi.de/fileadmin/Downloads/Service/Medien/Grafik_des_Monats/2025/gdm_0625_NEU.jpg
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