In die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) werden derzeit wieder vermehrt Menschen mit schwerwiegender Pilzvergiftung eingeliefert. Schon zwei Personen mussten in diesem Monat auf der Überwachungsstation mit dem Gegengift behandelt werden, wobei die Behandlung erfolgreich war. Wie schon in den Vorjahren ist vor allem der Knollenblätterpilz für die Vergiftungen verantwortlich. Gerade Menschen mit ausländischen Wurzeln unterschätzen das Risiko. „Hier in Deutschland wird aufgrund von Unkenntnis die Gefahr des Pilzsammelns oft nicht ausreichend ernst genommen“, erklärt Professor Dr. Richard Taubert, Bereichsleiter Transplantationshepatologie.
Schon 1 Pilz kann tödlich sein
Der Knollenblätterpilz ist einer der giftigsten Pilze in Deutschland und für 90 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen verantwortlich. Bereits 1 Pilz (50 bis 100 g) enthält eine tödliche Dosis für Erwachsene. Er wächst in der Regel von Juli bis Oktober unter Eichen oder Buchen, er kann auch in Parks vorkommen [1]. Die Farbe des Giftpilzes ist grün, grün-gelb oder weiß. Er ist erkennbar an seinem ein bis drei Zentimeter breiten Hut, der glockig bis schirmartig ausgebreitet ist. An der Unterseite befinden sich weiße Lamellen und er versprüht einen süßlichen bis aasartigen Geruch. Da sein Gift erst mehrere Stunden nach Verzehr wirkt und dann bereits im ganzen Körper aufgenommen wird, ist er sehr gefährlich. Zunächst treten Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auf. Nach ein bis zwei Tagen kommt es zur Schädigung der Leber, die von Blutgerinnungs- und Nierenfunktionsstörungen begleitet werden kann. „Im schlimmsten Fall stellt die Leber ihre Funktion ein, sodass nur noch eine Lebertransplantation das Leben der Patienten retten kann“, sagt Professor Taubert. Eine Indikationsprüfung erfolgt bei schweren Verläufen mit Quickabfall < 25 Prozent (INR > 6) und Kreatininanstieg über 1,2 mg/dL. Grund für die schweren Schäden ist die Blockade der Transkription durch Hemmung der RNA-Polymerase II in eukaryotischen Zellen (Hepatozyten und andere). Trügerisch ist bei einer Knollenblätterpilzvergiftung ein scheinbarer Erholungseffekt, bevor es dann zum Leberversagen und weiteren Komplikationen kommen kann [1].
Pilze lieber bestimmen lassen
Wegen der großen Gefahr sollten Pilzsammlerinnen und Pilzsammler die gefundenen Pilze vor dem Verzehr von Pilzsachverständigen bestimmen lassen. Das Giftinformationszentrum-Nord rät, Schulungen der Deutschen Gesellschaft für Mykologie zu besuchen, bevor es ans Pilze sammeln geht. Durch Schulungen lassen sich die Artenkenntnisse verbessern, wobei von Apps, die bei der Bestimmung von Pilzen helfen sollen, abgeraten wird.
Im Zweifel Notarzt rufen
Eile ist geboten, wenn ein Verdacht einer Pilzvergiftung besteht. Dann muss dringend der Notarzt gerufen werden. Um die Diagnose zu erleichtern, empfiehlt es sich, Pilzreste und Erbrochenes aufzuheben. Bereits bei dem Verdacht auf eine Knollenblätterpilzvergiftung wird die Behandlung mit dem Gegengift oder Antidot begonnen (Silibinin oder Acetylcystein in Kombination mit Silibinin) [1]. Die Vergiftung wird dann über den Nachweis des Giftes im Urin bestätigt oder ausgeschlossen.
Schnelle Hilfe bei Vergiftungen gibt es auch rund um die Uhr z.B. über das Giftinformationszentrum-Nord unter der Telefonnummer (0551) 19240. Ein Verzeichnis der Giftinformationszentren der BRD finden Sie hier (PDF).
Quelle: idw
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