Die Erkenntnisse der MLU könnten künftig dabei helfen, neuartige Arzneiträgersysteme zu entwickeln, die besser in den Blutkreislauf gelangen können. Die Studie der Forscher aus Halle wurde kürzlich als Titelgeschichte in der internationalen Fachzeitschrift "Biomaterials Science" der Royal Society of Chemistry veröffentlicht.
Albumin ist ein Protein, das in großen Mengen im Blut aller Säugetiere vorkommt. Das menschliche Blut hat einen Anteil von bis zu 60 Gramm pro Liter. "Albumin ist für viele wichtige Prozesse im Körper zuständig: Es kann die Zellmembranen durchdringen und so zum Beispiel essenzielle Substanzen in die Zellen transportieren, und es hilft auch bei der Entgiftung der Zellen", sagt Prof. Dr. Dariush Hinderberger, Chemiker an der MLU. Er arbeitet seit mehr als zehn Jahren zu Albumin und erforscht die Struktur, die Dynamik und die Transporteigenschaften des Proteins. Es wird bereits heute in der Pharmaindustrie bei der Herstellung von Impfstoffen und Medikamenten eingesetzt - allerdings nicht als Gel.
"Die Albumingele entstehen bisher eher als ärgerliches Zufallsprodukt bei der normalen Laborarbeit", sagt Hinderberger. Sie könnten aber künftig bei der Herstellung sogenannter Wirkstoffimplantate zum Einsatz kommen. Diese werden dem Patienten einmalig gespritzt und lagern sich dann im Körper ab. Nach und nach wird dann vom Körper der Trägerstoff zersetzt und der gewünschte Wirkstoff über einen längeren Zeitraum freigesetzt. So erspart sich der Patient ein regelmäßiges Spritzen. "Um zu überprüfen, ob sich auf der Basis von Albumingelen potenzielle Wirkstoffträger entwickeln lassen, muss man aber zunächst verstehen, wie und warum sich die Gele bilden", fasst Hinderberger die Idee hinter seiner neuen Studie zusammen.
Ein weiteres, wesentlich weicheres Gel
Die Chemiker der MLU untersuchten deshalb verschiedene Albuminlösungen. "Wir wollten herausfinden, was genau mit den Proteinteilchen und ihrer Struktur passiert, wenn wir bestimmte Eigenschaften verändern", sagt Hinderberger. Die Forscher testeten, welchen Einfluss der pH-Wert der Lösung auf die Gelbildung hat. Anschließend erhitzten sie die Flüssigkeiten und analysierten dann zu verschiedenen Zeitpunkten die Veränderungen. Mithilfe der Infrarot-Spektroskopie konnte die Gruppe nun zum Beispiel zeigen, wie Albumin bei Hitze seine Struktur verändert: Das Proteinknäuel öffnet sich und kann so leichter mit anderen Teilchen verklumpen, wodurch das Gel entsteht.
Auf Grundlage dieser Erkenntnis konnte die Forschergruppe nun noch ein weiteres, wesentlich weicheres Gel herstellen. Dafür verlangsamten sie den Gelbildungsprozess, setzten die Temperatur herunter und wählten eine Lösung mit einem relativ neutralen pH-Wert. "Unter diesen Bedingungen veränderten die einzelnen Albuminmoleküle ihre Struktur nur wenig, wodurch sich die grundlegend anderen mechanischen Eigenschaften des Gels ergeben", erklärt Hinderberger.
Anschließend gingen die Forscher der Frage nach, ob sich die Albumingele grundsätzlich als Wirkstoffträger für Medikamente eignen. In ersten Untersuchungen konnten sie zeigen, dass sich zum Beispiel Fettsäuren sehr gut mit dem Gel verbinden lassen. Ob sich die Stoffe auch für pharmazeutische Wirkstoffe im menschlichen Körper eignen, muss allerdings in Folgestudien noch geklärt werden.
S. Arabi et al. (2018) "Serum Albumin Hydrogels in Broad pH and Temperature Ranges: Characterization of Their Self-Assembled Structures, Nanoscopic and Macroscopic Properties". Biomaterials Science, doi: 10.1039/C7BM00820A
Biomaterials Science / Royal Society of Chemistry
Quelle: idw/MLU, 05.03.2018
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