Wie Immunzellen zu Komplizen des Tumors werden

Langener Wissenschaftspreis für DKFZ-Forscher Daniel Kirschenbaum
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Dieses Bild zeigt eine medizinische Darstellung eines Gehirns, vermutlich eine MRT- oder CT-Aufnahme, bei der ein Bereich im Gehirn farblich hervorgehoben ist. Der rot markierte Bereich könnte auf eine Anomalie hinweisen, wie beispielsweise eine Entzündung, einen Tumor, eine Blutung oder eine andere pathologische Veränderung.
© Visual Voyager/stock.adobe.com
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Daniel Kirschenbaum hat eine experimentelle Methode entwickelt, um Immunantworten im lebenden Organismus mit hoher zeitlicher Auflösung zu untersuchen. Damit konnten er und seine Kollegen erstmals die zeitliche Abfolge der Immunreaktion in bösartigen Hirntumoren rekonstruieren.

Bei vielen Krebserkrankungen beobachten Forschende, dass kompetente Immunzellen, die eigentlich in der Lage wären, den Krebs abzuwehren, mit der Zeit zu Komplizen des Tumors werden. Wie es zu solchen Veränderungen des Immunsystems kommt, wird bereits seit langem untersucht. Doch bisherige Methoden, um das koordinierte Zusammenwirken von Zellen in Reaktion auf Umweltsignale zu analysieren – etwa die Einzelzell-Transkriptomik – erlaubten nur Momentaufnahmen des Zellzustands.

Daniel Kirschenbaum, der seit Anfang 2025 eine Nachwuchsgruppe im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) leitet, hat gemeinsam mit seinen Kollegen vom Weizmann Institut of Science in Israel eine Lösung für dieses Problem gefunden: Mit „Zman-seq“ entwickelten die Forscher eine innovative Technologie, mit der sich die Aktivität einzelner Zellen im Körper erstmals über die Zeit hinweg verfolgen lässt. Zman-seq fügt den Daten Einzelzell-Transkriptomik nun eine zeitliche Dimension hinzu, indem Immunzellen im Blut mit „Zeitstempeln“ markiert und später in Geweben, etwa in Tumoren, wiedererkannt werden können.

Die Methode ermöglicht es, Zellveränderungen in Echtzeit zu beobachten und zu verstehen, wie Immunzellen im Verlauf von Krankheiten reagieren oder – wie im Fall von Glioblastomen – durch das Tumorumfeld funktionsunfähig gemacht werden.

Wie das Glioblastom die Immunabwehr ausbremst

Mit der neuen Methode konnten Kirschenbaum und Kollegen an Mäusen erstmals die zeitliche Abfolge der Immunreaktion im Glioblastom rekonstruieren. Innerhalb von nur 24 Stunden nach dem Eindringen in das Tumorgewebe verlieren ursprünglich schlagkräftige natürliche Killerzellen (NK-Zellen) ihre Fähigkeit, Krebszellen abzutöten – gesteuert durch das hemmenden Signalmolekül TGF-β. Gleichzeitig verwandeln sich eingewanderte Immunzellen in sogenannte Tumor-assoziierte Makrophagen (TAM), die das Wachstum des Tumors aktiv unterstützen.

Durch die experimentelle Blockade eines wichtigen Immunrezeptors konnten die Forscher diesen Prozess aber umkehren: Statt zu unterdrückenden TAM entwickelten sich die Immunzellen daraufhin zu entzündungsfördernden, tumorkontrollierenden Makrophagen. Das Ergebnis liefert einen wichtigen neuen Ansatz für weitere Untersuchungen, um die Entwicklung zielgerichteter Immuntherapien gegen bislang therapieresistente Tumorarten wie das Glioblastom voranzutreiben. Dafür hat die Jury Daniel Kirschenbaum den Langener Wissenschaftspreis 2025 zuerkannt. 

Das Paul-Ehrlich-Institut verleiht zusammen mit der Stadt Langen und der Stadtwerke Langen GmbH alle zwei Jahre den mit 15.000 Euro dotierten Langener Wissenschaftspreis. Der Preis wird vom Verein zur Förderung des Langener Wissenschaftspreises e.V. gestiftet und würdigt seit 1993 besondere Leistungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Gesundheitsforschung. Die Auszeichnung erinnert an die bahnbrechenden Leistungen einer der bedeutendsten Forscherpersönlichkeiten: Paul Ehrlich. Er war Begründer der Chemotherapie und Mitbegründer der Immunologie. 1908 erhielt Paul Ehrlich den Nobelpreis.

Quelle: idw
 

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