„Zukunftspakt Pflege“: Lob und Kritik

Pflegegrad I soll bestehen bleiben
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Das Bild zeigt zwei Hände, die sich halten – eine ältere und eine jüngere Hand. Es symbolisiert Fürsorge, Unterstützung und zwischenmenschliche Verbindung.
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In der Pflegeversicherung wollen Bund und Länder grundsätzlich an Pflegegraden festhalten, die Strukturen des Leistungsrechts sollen jedoch „möglichst vereinfacht und fokussiert werden“.

Im Ergebnis der digitalen Sitzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ am 13. Oktober fassten die Ministerinnen und Minister sowie Senatorinnen und Senatoren den Beschluss, dass unter anderem die Soziale Pflegeversicherung (SPV) auch nach der Pflegereform als Umlage- und Teilleistungssystem ausgestaltet bleibt. Dabei soll weiterhin nach den erforderlichen Lösungen gesucht werden, um Eigenanteile zu begrenzen beziehungsweise deren Anstieg zu dämpfen. 

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe verständigte sich unter anderem auch darauf, die Pflegegrade grundsätzlich beizubehalten, Leistungen stärker präventiv auszurichten, Beratungsangebote für alle Pflegebedürftigen neu aufzustellen sowie durch eine Reform des Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetzes und eine verbesserte Versorgung in pflegerischen Notfallsituationen die häusliche Pflege zu stärken.

Stärkung der ambulanten Pflege

„Eine gute pflegerische Versorgung ist Versprechen und Verpflichtung zugleich: Wir müssen das System der Sozialen Pflegeversicherung nachhaltig aufstellen – eine umfassende Reform ist überfällig. Die kann nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern gelingen. Hier muss jeder seiner Verantwortung gerecht werden, damit sich die Menschen weiterhin auf ein zukunftsfestes und finanzierbares System verlassen können,“ betonte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU).

Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) sagte: „Es liegt noch Arbeit vor uns. Die Stärkung der ambulanten Pflege ist ein zentraler Baustein. Viele Menschen wünschen sich, so lange wie möglich in ihrem vertrauten Zuhause leben zu können – dort, wo sie sich geborgen fühlen. Deshalb setze ich auf Unterstützung in den eigenen vier Wänden und im direkten Umfeld – auch, um den stationären Bereich zu entlasten. Angehörige müssen besser unterstützt werden – sie leisten den Löwenanteil der Pflege in Deutschland.“

„Höhere Schwellenwerte bei der Pflegeeinstufung“

Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ergänzte: „Mir ist wichtig, die Leistungen der Pflegeversicherung noch einmal genau in den Blick zu nehmen. 2017 hatten wir bei der letzten großen Pflegereform die Pflegegrade eingeführt. Das war zu der Zeit auch richtig. Inzwischen haben wir ein hochkomplexes Leistungsrecht, in dem die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen sich oftmals nicht mehr zurechtfinden. Zudem haben wir in der Pflegeversicherung noch keine guten Lösungen für pflegerische Akutfälle – wenn zum Beispiel kurzfristig die Pflegeperson ausfällt und ganz schnell eine Versorgung gefunden werden muss.“

Thomas Mähnert, Mitglied des Bundesvorstandes der Johanniter-Unfall-Hilfe, begrüßt den Zwischenbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe: „Pflegebedürftigkeit darf niemanden in finanzielle Not bringen. Daher begrüßen wir, dass die Bund-Länder-Gruppe an einer Begrenzung der Eigenanteile arbeitet, um pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen zu entlasten. Auch die Weiterentwicklung von Beratungsleistungen mit dem Ziel, häusliche Pflegearrangements zu stärken, ist ein zukunftsweisender Schritt.“ Kritik übt Mähnert jedoch daran, den Zugang zu Pflegeleistungen durch höhere Schwellenwerte bei der Pflegeeinstufung zu erschweren. „Die Integration kognitiver Einschränkungen in die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit ist eine wichtige Errungenschaft, die keinesfalls zurückgedreht werden darf. Vielmehr muss es Ziel sein, die Komplexität der Leistungen zu reduzieren und ihre Wirksamkeit zu erhöhen.“

„Konzepte, die zu Mehrausgaben führen“

Der Verbandsdirektor der Privaten Krankenversicherung, Florian Reuther, hält es für „richtig, dass Bundesgesundheitsministerin Nina Warken sich zum Ziel gesetzt hat, die Soziale Pflegeversicherung mit einer umfassenden Reform nachhaltig aufzustellen. Die Reformkommission droht jedoch, das Ziel der langfristigen Finanzierung der Pflegeversicherung zu verfehlen. Die Zwischenergebnisse zeigen noch keine ausreichenden Ansätze, um die Pflegeversicherung generationengerecht und nachhaltig zu gestalten. Anstatt den Fokus auf eine Finanzreform zu richten, die Beitrags- und Steuerzahler vor Überlastung schützt, präsentiert die Kommission Konzepte, die zu Mehrausgaben führen und nicht finanzierbar sind.“

Das gelte insbesondere für eine regelmäßige Dynamisierung der Leistungen der sozialen Pflegeversicherung im Umlageverfahren ebenso wie für die Einführung eines sogenannten Pflegedeckels im Rahmen eines Sockel-Spitze-Tauschs. „Bereits heute zeigt sich, dass die Belastungen für die junge Generation und den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht mehr tragbar sind.“

„Ein erster Schritt in die richtige Richtung“

Die  Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, hält die  Zwischenergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Pflege für einen wichtigen ersten Schritt in Richtung der dringend benötigten Reform der sozialen Pflegeversicherung - mehr allerdings auch nicht: „Grundsätzlich denken die Beteiligten in die richtige Richtung und wir begrüßen es auch, dass zahlreiche zielführende Impulse der AOK-Gemeinschaft offensichtlich berücksichtigt und geprüft werden - von der Überwindung der Sektorengrenzen über die Vereinfachung der Pflegebudgets bis hin zu Maßnahmen zur Begrenzung des Anstiegs bei den Eigenanteilen und des Ausbaus des Pflegevorsorgefonds.“ 

Der Arbeitgeberverband Pflege kritisiert die Ankündigungen des „Zukunftspakts Pflege“. Der Verband fordert zur Sicherung der Versorgung mehr Freiheit und Flexibilität im Personaleinsatz. Dazu erklärt AGVP-Präsident Thomas Greiner: „Paragrafen sortieren und Begutachtungen umschreiben – so wird der Zukunftspakt Pflege die Versorgung nicht sichern. Die Vorschläge lassen völlig offen, wie mehr Pflegeplätze entstehen sollen. Die finanzielle Entlastung der Pflegeversicherung wird vage angedeutet, alles weitere wird vertagt bis 2026 oder sogar 2027. Ob dann noch etwas umgesetzt wird, steht in den Sternen. Währenddessen füllen sich die Wartelisten für einen Pflegeplatz. So wird das nichts.“

Quellen: BMG, Johanniter-Unfall-Hilfe, PKV, AOK, Arbeitgeberverband Pflege
 

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