Das Kongressmotto dieses Jahr lautet „Qualität und Patientensicherheit“. Im Interview erklärt Kongresspräsidentin Prof. Dr. Elke Muhl, wie diese komplexe Thematik beim DIVI-Kongress in spannende Formate umgesetzt wird, auf welche Veranstaltungen Sie sich persönlich freut, wie erstmals die Öffentlichkeit mit einbezogen wird und warum sich die Reise nach Leipzig auch kurzfristig lohnt.
Frau Prof. Muhl, diese Woche startet der 18. DIVI-Kongress. Wie unterscheidet sich die Großveranstaltung dieses Mal von den Kongressen in den Jahren zuvor?
Zum einen haben wir schon vor Kongressbeginn deutlich mehr Anmeldungen als im vergangenen Jahr. Deswegen haben wir zum Beispiel die Kongresssäle noch etwas vergrößert, damit die Teilnehmenden genügend Platz bei den Symposien haben. Dann hat sich inhaltlich auch einiges geändert: Zum ersten Mal wird es eine Veranstaltung für die breite Öffentlichkeit geben. Zudem haben wir eine Podiumsdiskussion ins Programm aufgenommen, bei der es um die neue Personaluntergrenzen-Verordnung geht, die am 1. Januar in Kraft tritt. Hier erwarte ich mir eine spannende Diskussion mit renommierten Podiumsteilnehmern. Und wir haben noch mehr Workshops als in den Jahren zuvor.
Warum lohnt sich die Reise zum DIVI-Kongress auch für Kurzentschlossene?
Wir werden beim Kongress wieder sehr viele aktuelle Themen aufgreifen. Berufspolitische, wie die angesprochene Veranstaltung zu der Personaluntergrenzen-Verordnung, ebenso wie wissenschaftlich spannende Formate. Wie immer gibt der DIVI-Kongress einen Überblick über alle wichtigen Themen der Notfall- und Intensivmedizin, sodass jeder die für sich relevanten Themen herauspicken kann, die er persönlich braucht.
Herzultraschall und dessen Befundbewertung
Neben den 303 Vorträgen gibt es 76 praktische Workshops. Was versprechen Sie sich davon?
Mit den Workshop-Angeboten wollen wir eine Brücke von der Theorie zur Praxis schlagen und zusätzliche praxisorientierte Fortbildungsmöglichkeiten schaffen. Da werden dann nicht nur wissenschaftliche Publikationen präsentiert. Die Teilnehmer der Workshops können direkt am Modell üben und zudem von spezialisierten, erfahrenen Fachärzten neues Know-how mit nach Hause nehmen. Das lässt sich dann auch direkt auf der eigenen Station anwenden.
Welche Formate sind aus Ihrer Sicht besonders interessant?
Das sind schon die praktischen Workshops, weil die Teilnehmenden hier selbst aktiv werden können. Zum Beispiel gibt es eine Veranstaltung, bei der Interessierte etwas über den Herzultraschall und dessen Befundbewertung lernen können. In einer anderen Veranstaltung lernt man beispielsweise den Luftröhrenschnitt am Modell. Und das eben von Experten, die einem Tipps und Tricks mit an die Hand geben.
Ihnen persönlich liegt ja der Brückenschlag zwischen Intensiv- und Palliativmedizin am Herzen. Warum ist das so wichtig?
In der Intensivmedizin sind schwerstkranke Patienten zu behandeln – dabei kommen wir oft auch an die Grenzen des Machbaren. Bei manchen Patienten kann man ein Gesundwerden leider nicht mehr erreichen. Dann muss sich jeder Betroffene genau überlegen, was man nun als Mediziner in diesen Situationen für den Patienten tut. Hier kann die Palliativmedizin die Intensivmedizin sinnvoll unterstützen.
Viele Veranstaltungen zu ethischen Themen
Zu diesem Thema gibt es in der Leipziger Stadtbibliothek eine öffentliche Diskussionsveranstaltung. Was versprechen Sie sich davon?
Wir alle können von solch einer schwierigen Situation betroffen sein – oder einer unserer Angehörigen. Darüber einmal nachzudenken ist also sehr wichtig. Ich erhoffe mir, dass sich die Gäste der Veranstaltung anschließend näher mit den Themen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht auseinandersetzen. Sicher können wir auch neue Erkenntnisse darüber vermitteln, wie menschlich und zugewandt es auf einer Intensivstation zugeht. Das ist vielleicht nicht das Bild, das die meisten Bürger haben.###more###
Wie bekommen Sie die Zielgruppe aus Ärzten, Pflegern und Therapeuten unter einen Hut?
Beim DIVI-Kongress gibt es klassisch einen ganzen Strang von Veranstaltungen, die von Fachpflegekräften für Fachpflegekräfte gemacht werden. Diese werden von Referenten interprofessionell besetzt, also von Ärzten über Pflegekräfte bis hin zu Ergotherapeuten, Physiotherapeuten und Schlucktherapeuten. Es gibt sowohl wissenschaftliche Veranstaltungen und Fortbildungsveranstaltungen als auch Veranstaltungen zur Pflege. Wir bieten unseren Gästen also ein sehr breites Spektrum an, bei dem alle Zielgruppen gut berücksichtigt werden.
Wie wird das Kongressmotto „Qualität und Patientensicherheit“ konkret gelebt?
Wir haben beispielsweise viele Veranstaltungen zu ethischen Themen im Programm, etwa zur Entwicklung der Personalstruktur in der Intensivmedizin. Es werden zudem neue Leitlinien vorgestellt, die uns aufzeigen, was evidenzbasiert zur Verbesserung der Behandlung führt. All das befördert die Qualität am Patientenbett und damit die Patientensicherheit. Im Grunde ist der gesamte Kongress ein großes Weiterbildungsangebot für alle Berufsgruppen der Intensiv- und Notfallmedizin. Wir haben beispielsweise auch eine Veranstaltung im Programm, in der die Weiterbildung von Assistenzärzten in den Fokus gerückt wird. Im Rahmen des Kongresses werden wir uns zudem fragen, wie praktisches Lernen erfolgen soll, wie Erfolgskontrolle aussehen soll und wie die Qualität der Weiterbildung an den Kliniken sichergestellt werden soll. Damit werden wir das Themenspektrum „Qualität und Patientensicherheit“ umfassend behandeln.
Vermeidung von Übertherapie am Lebensende
Welche Rollen spielen auch ethische Fragestellungen im Kongressprogramm?
Diese Fragestellungen werden immer wichtiger, je mehr in der Intensivmedizin technisch möglich ist. Aber wir können mit Technik nicht alle Probleme lösen. Wir kommen auch manchmal an Grenzen. Und um diese Grenzen zu setzen, erfordert es natürlich einen bewussten, gut aufgeklärten Patienten oder Vorsorgebevollmächtigten. Die DIVI hat eine Sektion Ethik, in der Empfehlungen gegeben werden, wie mit diesen Situationen und Fragestellungen umgegangen wird. Zum Beispiel mit der Frage, wie sich Übertherapie am Lebensende vermeiden lässt. Das ist ein Thema, das in der Öffentlichkeitsveranstaltung behandelt wird.
Sie sprechen die Sektion Ethik an. Welchen Einfluss hatten diese und andere DIVI-Sektionen bei der Programmvorbereitung?
Alle DIVI-Sektionen waren bei der Programmvorbereitung zum Kongress in Leipzig beteiligt. Die Vertreter aller wissenschaftlichen Sektionen haben ihre aktuellen und relevanten Themen in den Kongress eingebracht, sodass dort jetzt das gesamte Spektrum der Notfall- und Intensivmedizin abgebildet wird. Das kann man nicht mit ein paar Personen schaffen, sondern dafür braucht es eine Organisation mit ausgewiesenen Spezialisten – eben wie die DIVI-Sektionen.
Wie können Interessierte bei künftigen Kongressen mitgestalten?
Ein Großteil der Referenten sind DIVI-Mitglieder. Im Anschluss an die Vorträge stehen sie zu persönlichen Gesprächen bereit – das hat sich bei den vergangenen Kongressen sehr bewährt. Wir freuen uns über jeden, der die DIVI als Dachverband und eben auch die Kongresse aktiv mitgestalten möchte. Dazu geben die DIVI-Referenten auch gerne nach ihren Symposien Auskunft. Zudem informieren wir am DIVI-Stand über sämtliche Aktivitäten der Fachgesellschaft und die Mitgestaltungsmöglichkeiten. Ich bin aus Überzeugung aktives Mitglied und freue mich über jeden, der auch daran Interesse hat, die Intensiv- und Notfallmedizin voranzubringen.
Interdisziplinäre Netzwerke
Dazu trägt ja auch das interdisziplinäre Netzwerken bei. Wie funktioniert das unter den Kongressteilnehmern?
Bei den Veranstaltungen finden natürlich immer Diskussionen statt, auch in den Pausen. Diese Zeit nutzen die meisten Teilnehmer auch für Fachgespräche und Erfahrungsaustausch oder einfach dazu, Kollegen und Kolleginnen kennenzulernen. Außerdem gibt es die Möglichkeiten, sich beim Get-together am Ende des zweiten Kongresstages zu treffen – in lockerer Atmosphäre bei guter Musik und leckerem Essen in der Moritzbastei. Dieses gesellschaftliche Event ist auch ein wichtiger Aspekt des Kongresses.
Und welche Bedeutung hat der internationale Austausch beim diesjährigen Jahreskongress?
Insgesamt sollen alle aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Notfall- und Intensivmedizin präsentiert werden, insofern ist der Kongress im Hinblick auf seine Inhalte auf jeden Fall international. Unsere Kongresssprache ist allerdings deutsch und unser Publikum fast ausschließlich aus dem deutschsprachigen Raum – was die Kommunikation wesentlich erleichtert. Ich könnte mir vorstellen, künftig auch mehr internationale Gäste oder Vertreter ausländischer Fachgesellschaften beim Kongress zu begrüßen.
Worauf freuen Sie sich beim Kongress persönlich am meisten?
Ich freue mich ganz besonders auf die Öffentlichkeitsveranstaltung in Leipzig. Der Brückenschlag zwischen der Intensiv- und Palliativmedizin liegt mir einfach am Herzen. Ebenso freue ich mich auf einige wissenschaftliche Highlight-Symposien und auch auf Begegnungen mit Kolleginnen und Kollegen, die ich nur einmal im Jahr sehe – nämlich beim DIVI-Kongress.
Quelle: DIVI, 03.12.2018
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