Fachgesellschaften fordern Ernährungsscreening in allen Kliniken

Individueller Nährstoffbedarf als Maßstab
Ernährungsmediziner fordern mehr Ernährungskompetenz in Krankenhäusern
© Svitlana, stock.adobe.com
Newsletter­anmeldung

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Der MT-Dialog-Newsletter informiert Sie jede Woche kostenfrei über die wichtigsten Branchen-News, aktuelle Themen und die neusten Stellenangebote.


Im Zuge der Klinikreform sollte sich auch die Ernährungsversorgung in Krankenhäusern verbessern, fordern Ernährungsmediziner. Mangelernährung verzögere den Heilungsprozess Betroffener und erhöhe die Behandlungsdauer und -kosten.

„Modern und bedarfsgerecht“ soll die Krankenhausversorgung der Zukunft sein – so das Credo der Regierungskommission, die derzeit Vorschläge für eine Umstrukturierung des deutschen Klinikwesens erarbeitet. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, muss dringend auch die Ernährungskompetenz an den Kliniken gestärkt werden. Dies fordert ein breites Bündnis aus 24 medizinischen Fachgesellschaften. In einer Stellungnahme, die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM) erarbeitet wurde, wenden sie sich mit konkreten Vorschlägen zur Verbesserung der Ernährungsversorgung in deutschen Krankenhäusern an das Bundesministerium für Gesundheit. 

Individueller Nährstoffbedarf

Denn noch immer ist es in Deutschland keine Selbstverständlichkeit, dass sich die ernährungsmedizinische Versorgung kranker Menschen tatsächlich an ihrem Ernährungszustand und am individuellen Nährstoffbedarf orientiert. Die Fachgesellschaften fordern deshalb ein verpflichtendes Ernährungsscreening sowie den Einsatz interprofessioneller Ernährungsteams.

Gravierende Folgen

Welche gravierenden gesundheitlichen Folgen ein schlechter Ernährungszustand haben kann, wurde lange Zeit unterschätzt. „Heute weiß man, dass bei mangelernährten Patientinnen und Patienten der Krankheitsverlauf negativ beeinflusst und Heilungsprozesse verzögert werden. Die Prognose der Betroffenen verschlechtert sich, die Komplikationsrate und sogar das Sterberisiko steigen, ebenso die Behandlungsdauer und -kosten“, so Prof.  Dr. med. Matthias Pirlich, Internist und Ernährungsmediziner in Berlin sowie Präsident der DGEM. Diesen Risiken ließe sich wirksam begegnen, wenn Patienten bei der Aufnahme in die Klinik gezielt auf Anzeichen einer Mangelernährung untersucht und bei Bedarf ernährungsmedizinisch behandelt würden.

Interprofessionelle Ernährungsteams

Ein Ernährungsscreening fordert die DGEM bereits seit Jahren. „Im Rahmen der Reform sollte es nun als Mindeststrukturvoraussetzung festgeschrieben werden“, sagt Pirlich. Diese Forderung beziehe sich auf die Krankenhäuser aller drei Versorgungsstufen (Levels). Ebenso fordert das Positionspapier ein Ernährungsassessment bei festgestelltem Mangelernährungsrisiko, die Erstellung individueller Therapiepläne sowie einer evidenzbasierten Ernährungstherapie. Kliniken der Versorgungsstufen II und III sollten zudem dazu verpflichtet werden, interprofessionelle Ernährungsteams unter fachärztlicher Leitung einzurichten, heißt es in der Stellungnahme weiter. Diese Präventions- und Therapiekonzepte müssten adäquat im DRG-System abgebildet und vergütet werden.

Umstrukturierung als Chance

Die Fachgesellschaften stützen sich mit ihren aktuellen Forderungen auf eine Vielzahl von Studien, die belegen, dass die Genesung von Klinikpatienten durch eine individuelle Ernährungstherapie wirksam unterstützt werden kann. Diese Erkenntnis bildet auch die Grundlage für internationale Vereinbarungen, wie die bereits im Jahre 2003 verabschiedete Resolution des Europarates zur Verbesserung der Ernährungsversorgung in Krankenhäusern und die sogenannte Vienna Declaration – Nutritional care is a human right vom September 2022. „Die dort aufgeführten Maßnahmen sind in Deutschland bislang nur bruchstückhaft umgesetzt“, sagt Pirlich. Die Umstrukturierung des Krankenhaussystems biete nun die einmalige Chance, hier aufzuholen.

Informationen zu Mangelernährung

  • Das Mangelernährungsscreening ist ein einfaches, validiertes Verfahren, ein Risiko für eine krankheitsbedingte Mangelernährung zu identifizieren.
  • Besonders häufig sind ältere Menschen und Menschen mit chronischen oder schweren Erkrankungen von einer Mangelernährung betroffen.
  • Von Patientinnen und Patienten, die stationär in eine Klinik aufgenommen werden müssen, weisen rund 20 bis 30 Prozent Zeichen einer Mangelernährung auf.
  • Angesichts des demografischen Wandels wird diese Zahl in den nächsten Jahren voraussichtlich noch ansteigen.
  • Mangelernährung ist keine Frage des Körpergewichts: Zeichen einer Mangelernährung (z. B. Abbau der Muskulatur, Mangel an Mikronährstoffen) können auch in den Industrienationen bei vielen übergewichtigen Menschen beobachtet werden

Quelle: DGEM

Artikel teilen

Online-Angebot der MT im Dialog

Um das Online-Angebot der MT im Dialog uneingeschränkt nutzen zu können, müssen Sie sich einmalig mit Ihrer DVTA-Mitglieds- oder Abonnentennummer registrieren.

Stellen- und Rubrikenmarkt

Möchten Sie eine Anzeige in der MT im Dialog schalten?

Stellenmarkt
Industrieanzeige