Frau Ousayef, welche Ausbildung haben Sie in Tunesien absolviert, bevor Sie nach Deutschland kamen? Wo würden Sie sagen, ist der größte Unterschied zum deutschen System?
Nach meinem Abitur habe ich drei Jahre an der Hochschule für Gesundheit im Bereich MTRA studiert. Obwohl das Studium als MTRA grundsätzlich ähnlich ist, habe ich festgestellt, dass in Deutschland deutlich mehr praktische Stunden angeboten werden als in Tunesien.
Was war für Sie der Ansporn, nach Deutschland zu gehen?
Deutschland ist ein großartiges und sicheres Land, mit hoher Lebensqualität und guten Arbeitsmöglichkeiten. Außerdem bietet das Auswandern nach Deutschland viele Reisemöglichkeiten, da das Land im Herzen Europas liegt. Es eröffnet mir die Chance, neue Kulturen zu entdecken, ein neues Leben zu beginnen, neue Menschen kennenzulernen und wertvolle Kontakte zu knüpfen. All das war für mich ein großer Ansporn.
Sie mussten ein Anerkennungsverfahren durchlaufen. Wo haben Sie das machen können? Wie sind Ihre Erfahrungen? Was lief aus Ihrer Sicht gut, was weniger gut?
Der Anerkennungsprozess meines Diploms war kompliziert, aber eine großartige Vermittlungsagentur in Deutschland (MyGermanWay) hat mir alles erleichtert: von der Arbeitsstelle über die Zeugnisübersetzung bis hin zu Visum, Versicherung und Unterkunft. In den ersten Monaten stand mir die Agentur jederzeit zur Seite – bei Fragen erhielt ich sofort Antworten und wertvolle Empfehlungen. Und das Beste: All diese Unterstützung war kostenlos! Zudem boten sie Fachsprach- und Anerkennungskurse an, dank derer ich meine Urkunde schnell erhielt. Ein professionelles, hilfsbereites Team, dem ich sehr dankbar bin.
Sie mussten eine Kenntnisprüfung in Strahlentherapie, Nuklearmedizin, Dosimetrie/Strahlenschutz ablegen. War das eine besondere Herausforderung?
Ja, die Kenntnisprüfung war eine große Herausforderung, da sie viel Fachwissen und praktische Erfahrung verlangte. Besonders die Fachsprache und gesetzlichen Vorgaben machten die Vorbereitung anspruchsvoll. Im Bereich der Nuklearmedizin hatte ich in Tunesien keine Erfahrung, und der Umgang mit radioaktiven Substanzen war anfangs während meines Praktikums schwierig, aber durch gezieltes Lernen und die Unterstützung von MyGermanWay – sowohl mit theoretischen Kursen als auch durch Praktika – konnte ich die Prüfung erfolgreich bestehen.
War die Sprache ein Hindernis? Wo haben Sie die Sprachkenntnisse erworben? Wie lief die Fachsprachprüfung ab?
Für mich war die Sprache kein Hindernis, sondern eine Herausforderung. Denn man muss immer lernen und die Kenntnisse weiterentwickeln (Übung macht den Meister!). Ich habe in Tunesien Deutsch bis zum B2-Niveau gelernt und meine Fachsprachkenntnisse später mit MyGermanWay erweitert, speziell im medizinischen Kontext. Durch den Anerkennungskurs konnte ich mein Wissen in der Radiologie weiter vertiefen. Danach habe ich die Fachsprachprüfung abgelegt. Die Prüfung besteht aus einem mündlichen und einem schriftlichen Teil. Im mündlichen Teil erfolgen: Gespräch zwischen MTR und Patientin/Patient, Gespräch zwischen zwei MTR (zum Beispiel Übergabe) und eine Bildbeschreibung. Im schriftlichen Teil erfolgt zum Beispiel eine Untersuchungserklärung für einen Patienten oder die Beschreibung einer technischen Störung für die Technikabteilung.
Wie lange hat Ihr Anerkennungsverfahren insgesamt gedauert? Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial beim deutschen Anerkennungsverfahren?
Mein Anerkennungsverfahren dauerte mehrere Monate, da viele Unterlagen geprüft und Prüfungen abgelegt werden mussten. Verbessert werden könnten vor allem die bürokratischen Abläufe, da lange Wartezeiten oft den Prozess verzögern. Eine schnellere Bearbeitung, bessere Koordination zwischen den Behörden.
Was hat das gesamte Verfahren gekostet? Hatten Sie Unterstützung bei der Finanzierung?
Ich musste nichts bezahlen, da sich die Vermittlungsagentur um alles gekümmert hat.
Sie arbeiten jetzt in München beim Referenzzentrum Mammografie bei Prof. Dr. Sylvia H. Heywang-Köbrunner. Fiel es schwer, im Ballungsraum München eine Wohnung zu finden? Hatten Sie Hilfe?
Die Miete in München ist ein großes Thema. Zum Glück hat mein Arbeitgeber schon vor meiner Ankunft eine Wohnung für mich gesichert.
Sie haben auch schon mehrjährige Berufserfahrung in Tunesien gesammelt. Wo haben Sie dort gearbeitet? Und was würden Sie sagen, ist der größte Unterschied zum deutschen Praxisalltag?
Nach meinem Uniabschluss arbeitete ich ein Jahr in der Strahlentherapie, danach in einer radiologischen Klinik mit MRT, CT und Röntgen. Im Vergleich zum deutschen Praxisalltag sind die Arbeitszeiten länger, aber moderne Technologien erleichtern die Arbeit und verbessern die Qualität.
Was würden Sie anderen raten, die auch ein Anerkennungsverfahren in Deutschland anstreben?
Ich würde empfehlen, frühzeitig mit der Sprachvorbereitung zu beginnen, da die Fachsprache eine große Rolle spielt. Zudem ist es wichtig, sich gut über den Anerkennungsprozess zu informieren und eine zuverlässige Vermittlungsagentur oder Beratung in Anspruch zu nehmen. Geduld ist ebenfalls entscheidend, da der Prozess Zeit braucht.
Entnommen aus MT im Dialog 6/2025
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