Suche nach ausländischen MTR

Interview mit Prof. Dr. Sylvia Heywang-Köbrunner
Die Fragen stellte Ludwig Zahn.
Foto von Prof. Dr. Sylvia Heywang-Köbrunner
© privat
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Das Referenzzentrum Mammografie in München setzt auch auf ausländische MTR. Im Folgenden geht die Leiterin des Zentrums, 
Prof. Dr. Sylvia Heywang-Köbrunner, auf ihre Erfahrungen ein.

Frau Prof. Dr. Heywang-Köbrunner, wie schätzen Sie den aktuellen Fachkräftemangel im Bereich MT-Berufe ein?

Der Mangel ist dramatisch und wird sich, wenn ältere MT in Rente gehen, weiter verschärfen.

Die Ausweitung des Mammografie-Screenings ist beschlossene Sache. Wie wird sich dies aus Ihrer Sicht auf den Fachkräftebedarf auswirken?

Mammografie-Screening ist ohne radiologische Fachkraft nicht ­möglich – im Gegensatz zu MRT-Geräten, wo inzwischen eine Online-Bedienung mehrerer Geräte über eine geeignete Kraft an ­verschiedenen Standorten realisiert wurde und der Bedarf dort ab­sehbar abnehmen wird.

Im Mammografie-Screening hat der Bedarf seit Mitte 2024 bereits deutlich zugenommen. Er wird weiter mit der ab 2026 zu erwartenden Erweiterung (untere Altersgruppe) zunehmen. Im Gegensatz zum MRT ist die MTR also in der Brustdiagnostik auch längerfristig nicht zu ersetzen.

Sie schauen sich auch nach MTR im Ausland um. Was ist der Grund, auch über die deutschen Grenzen hinaus­zublicken? Und wo liegt Ihr Hauptinteresse?

Unser Schwerpunkt ist die Brustdiagnostik. Leider gibt es hierfür weniger Interesse als für MRT, obwohl gerade dort verantwortungsvolle eigenständige Arbeit möglich und gewünscht ist. Die MTR ist direkte Ansprechpartnerin für die Frau, muss sich naturgemäß auf verschiedene Frauen einstellen. (Jede Positionierung ist eine eigene Herausforderung. Man kann sein Geschick üben, die Frau gut durch eine Untersuchung zu führen, vor der sie oft Angst hat.)

Durch computerassistierte Diagnose, durch Tomosynthese und gegebenenfalls auch Kontrastmittelmammografie hat die Palette der Untersuchungsarten und der diagnostischen Möglichkeiten deutlich zugenommen. Bei uns werden auch alle derzeit üblichen interventionellen Verfahren durchgeführt (unter mammografischer, sonografischer oder MRT-Steuerung, wozu präoperative Markierungen und auch Biopsien gehören). Man betreut die Frauen oft viele Jahre und gegebenenfalls auch durch viele Stufen der Diagnostik. Bedenkt man, dass parallel zur Einführung des Mammo­grafie-Screenings eine Mortalitätsreduktion nachgewiesen werden konnte, die nur die zum Screening eingeladenen Altersgruppen betrifft, ist es eine wichtige Tätigkeit und damit auch erfüllende Tätigkeit.

Aufgrund der bereits heute zu wenigen Fachkräfte in diesem Gebiet, haben wir uns seit inzwischen zwei bis drei Jahren – erfreulicherweise erfolgreich – um die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland bemüht. Aktuell arbeitet bei uns die dritte ausländische MT(A), die hier ihre „Ausbildung zur Anerkennung der Gleichwertigkeit“ erhält. Zwei Damen haben diese Ausbildung bereits sehr erfolgreich beendet und bereichern unsere „Familie“. Wir selbst freuen uns über deren kompetente und freundliche Art.

Wie viele ausländische Fachkräfte beschäftigen Sie aktuell im Referenzzentrum?

Wie bereits beschrieben, haben wir inzwischen die dritte Dame aus dem Ausland bei uns aufgenommen, die mit unserer Unterstützung Kurse und Praktika für ihre Anerkennung absolviert. In unserem Team finden sich aber auch viele weitere Damen mit ausländischen Wurzeln, die hier ihre gesamte Ausbildung erhielten oder schon seit vielen Jahren anerkannt sind. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut.

Viele MTR gehören der sogenannten „Boomer-Generation“ an und werden bald in Rente gehen. Denken Sie, dass in der Politik die prekäre Lage schon angekommen ist?

Das ist ein weiterer Faktor, der unbedingt zu bedenken ist. Der weitere Mangel ist vorhersehbar. Das heißt, es sollte JETZT gegengesteuert werden.

Was wäre aus Ihrer Sicht nötig, den Fachkräftemangel zumindest abzumildern?

Die deutschen Genehmigungsverfahren, bis Fachkräfte aus dem Ausland arbeiten dürfen, dauern deutlich zu lange, vor allem bei MT, die ein als EU-gleichwertig anerkanntes Ausbildungscurriculum zum Beispiel für diagnostische Radiologie haben. Zeiten von Antragstellung (nachdem alle Unterlagen vorhanden sind) bis zur Einreisegenehmigung, Zeiten bis zu Prüfungen, Zeiten bis zur Anerkennung (auch wenn alle Prüfungen bestanden sind), umfassen viele Monate – was kaum verständlich ist. Hinzu kommt eine geforderte Zusatzausbildung, die mindestens neun Monate dauert, durch nicht verfügbare Praktikumsplätze und begrenzte Schulungsstätten allerdings oft auch deutlich über ein Jahr liegt. Im Ausland sind die Kräfte kurzfristig einsetzbar.

Der Grund: Deutschland hält als einziges Land der EU daran fest, dass Röntgen nur durch „Voll-MTR“ eigenverantwortlich durch­geführt werden darf, die neben der diagnostischen Ausbildung auch eine für Strahlentherapie und für Nuklearmedizin haben. Während die Arztausbildung von Radiologen, Strahlentherapeuten und ­Nuklearmedizinern seit mehr als 30 Jahren getrennt ist, sollen MTR die jeweils anderen Fachgebiete ebenfalls abdecken, auch wenn sie dort niemals arbeiten werden.

In Anbetracht des dramatischen MTR-Mangels leisten wir uns durch diese Forderung einen erheblichen Luxus, der eigentlich niemandem nützt und uns für Fachkräfteeinwanderung unattraktiv macht. Das Resultat ist, dass MTR, die eine EU-konforme Ausbildung haben, in Deutschland neben einer Eingangssprachprüfung (B2-­Niveau!) und einer Fachsprachenprüfung über ein Jahr Zusatzaus­bildungen bei geringer Bezahlung erhalten, zum Teil auch bedingt dadurch, dass Ausbildungsstätten und Praktikumsplätze einen weiteren Flaschenhals mit monatelangen Wartezeiten darstellen.

Hierdurch ist nicht nur Deutschland für gut ausgebildete MT-Fachkräfte uninteressant. Auch wird verbaut, dass arbeitswillige Flüchtlinge nach absehbarer Zeit auf unserem Arbeitsmarkt Fuß ­fassen können – selbst wenn sie eine gute Ausbildung haben.

Hier sollte aus meiner Sicht unbedingt erwogen werden, „Strahlentherapie-MTR“, „Nuklearmed-MTR“ und „diagnostische MTR“ zu trennen. Diese Gebiete könnten dann auch separat beworben werden. Die Ausbildung zur „Voll-MTR“ ließe sich für die drei Gebiete damit eventuell verkürzen und die Anerkennung einer ausländischen MTR als gleichwertig würde nicht mehr die intensiven Nachschulungen auf fremden Arbeitsgebieten erfordern. Das heißt, diese Arbeitskräfte wären früher verfügbar.

Eine Prüfung sowie eine Prüfungsvorbereitung (fachspezifisch mit den für das Fachgebiet wichtigen Punkten) und mit einer realistischen (deutlich verkürzten) Schulungszeit sollten erfolgen. Beschränkt man sich auf das relevante Fachgebiet, dann sollten dort Praktika abgeleistet werden, wo noch keine ausreichende Berufserfahrung vorliegt oder Defizite bekannt werden.

Welche Rolle spielen die Sprachkenntnisse?

Die bei uns arbeitenden ausländischen MTR zeigten bereits bei Start sehr gute Sprachkenntnisse. Dennoch, die deutsche Sprache an sich ist schwer. Ein Zusatzlehrgang, auch für die Fachsprache, ist unbedingt zu befürworten.

Allerdings sollten auch hier die Anforderungen so angepasst werden, dass bei gutem Verstehen und gegebenenfalls noch bestehenden grammatikalischen Schwächen zum Beispiel zumindest ein begrenzter Einsatz der Person unter Überwachung durch den Arbeitgeber möglich wird. Dieser trägt ohnehin die Verantwortung für alle seine Mitarbeiter und muss immer kritisch prüfen, wen er wofür einsetzen kann. Ziel sollte es sein, auch wenn Sprachschulen begrenzt verfügbar sind, ausländischen Mitarbeitern baldmöglichst die Teilnahme am Arbeitsleben zu ermöglichen. Hierbei werden sich ohnehin seine/ihre Sprachkenntnisse verbessern.

Wie läuft das Anerkennungsverfahren in Bayern aus Ihrer Sicht?

Leider nach unserer Erfahrung zu langsam.

Greifen Sie den ausländischen Fachkräften unter die Arme, wenn die Finanzierung des Anerkennungsverfahrens ungeklärt ist?

Selbstverständlich. Man muss verstehen, dass diese sich in fremder Umgebung zurechtfinden müssen und auch unsere Bürokratie nicht kennen.

Und was würden Sie ausländischen Fachkräften aus dem MTR-Bereich raten, die in Deutschland arbeiten wollen?

Sie sollten sich unbedingt an Organisationen wenden, die sie bei Beantragung, Vermittlung einer Schule zur Vorbereitung auf die unvermeidliche Prüfung, Vermittlung eines Arbeitgebers und Beantragung von Prüfungsterminen unterstützen.

Danke Ihnen.

 

Entnommen aus MT im Dialog 6/2025

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