Ein Schritt näher zum künstlichen Blut
Bisher stammen Blutkonserven von freiwilligen Spenderinnen und Spendern. Von diesen Konserven werden täglich etwa 15.000 benötigt in Deutschland, zeitweise kann es zu Engpässen kommen, vor allem in Bezug auf bestimmte Blutgruppen. Daher ist die Forschung zur künstlichen Blutherstellung wichtig und läuft bereits seit mehreren Jahrzehnten. Doch jeder einzelne Schritt muss perfekt ablaufen, denn der Prozess ist kompliziert und das Timing wichtig.
Perfektes Timing
Die aktuellen Forschungsergebnisse setzten beim letzten Schritt an: der Entwicklung eines Erythroblasten zum Erythrozyten. Hier wird der Zellkern rausgeworfen – ein Prozess, der so nur bei Säugetieren stattfindet, vermutlich um den Sauerstofftransport zu ermöglichen. Die Reifung zum Erythrozyten ist bereits perfektioniert, doch die Ausstoßung des Zellkerns war noch ein Rätsel. Die Forschenden um Biologin Julia Gutjahr vom Institut für Zelluläre Biologie und Immunologie Thurgau der Universität Konstanz fanden die zuständigen Faktoren: das Chemokin CXCL12 und der Rezeptor CXCR4.
„Wir haben herausgefunden, dass das Chemokin CXCL12 diesen Zellkernausstoß triggern kann. Es kommt hauptsächlich im Knochenmark vor, benötigt jedoch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, damit der Ausstoß des Zellkerns stattfindet. Durch die Zugabe von CXCL12 im richtigen Moment konnten wir dann die Ausstoßung des Zellkerns künstlich auslösen“, erläutert Gutjahr. Weiterführend untersucht sie mit ihrem Team momentan, wie CXCL12 genau eingesetzt werden muss, um die künstliche Produktion der Erythrozyten so effizient wie möglich zu gestalten. Mit ihrer Forschung ist die künstliche Produktion von Blut zwar noch nicht vollständig möglich, doch man ist dem Ziel einen großen Schritt näher gekommen.
Effiziente Blutherstellung
Zudem zeigte die Forschung so zum ersten Mal, dass Chemokine nicht nur an der Zelloberfläche agieren, sondern auch innerhalb der Zelle Prozesse in Gang setzen. So eröffnen sich völlig neue Sichtweisen ihrer Rolle in der Zellbiologie, so Gutjahr.
Die neuen Forschungsergebnisse führen schneller und zuverlässiger zum gewünschten Ziel, künstliches Blut. Denn ohne die neuen Erkenntnisse erfolgte die Herstellung bisher über Stammzellen, bei der die erfolgreiche Zellkernausstoßung bei etwa 80 Prozent lag. Problem hieran ist, dass Stammzellen nicht unendlich verfügbar sind, sie stammen in der Regel aus dem Nabelschnurblut oder aus Stammzellspenden. Es ist zwar möglich, andere Körperzellen zu Stammzellen umzuprogrammieren und daraus Blut herzustellen, doch der Prozess ist weitaus länger und hat außerdem eine schlechtere Quote für die erfolgreiche Zellkernausstoßung.
Quelle: idw
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