Jede oder jeder Fünfte (19,3 Prozent) erlebt das Gefühl der Leisure Sickness zumindest immer oder häufig an freien Tagen oder im Urlaub. Das zeigt eine aktuelle, repräsentative Studie der IU Internationalen Hochschule mit dem Titel „Leisure Sickness: Erschöpft statt erholt“. Als immer oder häufig erlebte Symptome gaben die Befragten vor allem Müdigkeit beziehungsweise Erschöpfung (36,1 Prozent), Schlafprobleme (27,6 Prozent), Reizbarkeit (18,9 Prozent), Kopfschmerzen (16,7 Prozent) sowie Erkältungssymptome (14,2 Prozent) an.
Obwohl 95,5 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der IU-Studie es als wichtig einschätzen, sich Zeit für Erholung und Freizeit zu nehmen, stimmen vier von zehn (40,1 Prozent) der Befragten der Aussage voll und ganz oder eher zu, dass ihr Privatleben nicht ausreichend Erholung bietet, um den Anforderungen im Beruf gerecht zu werden. Jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis 25 Jahre stimmen dieser Aussage im Altersvergleich besonders häufig voll und ganz oder eher zu (50,5 Prozent). Sie finden also seltener Erholung in ihrer freien Zeit als ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Leisure Sickness kann laut der Expertin der Studie, Stefanie André, Professorin für Gesundheitsmanagement an der IU Internationalen Hochschule und Expertin für Gesundheit am Arbeitsplatz, als Folge von Stress im Arbeitskontext entstehen und mehrere Ursachen haben. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer belastet laut IU-Studie vor allem Folgendes: hoher Arbeitsdruck (33,7 Prozent), mangelnde Unterstützung durch Vorgesetzte sowie Kolleginnen und Kollegen (30,0 Prozent), eine unklare Aufgabenverteilung (23,4 Prozent) und unklare Aufgabenstellungen (20,8 Prozent). Weitere Belastungsfaktoren sind: lange Arbeitsstunden (17,3 Prozent) und eine ungünstige Work-Life- Balance (21,9 Prozent).
Ergebnisse der Studie „Leisure Sickness - Erschöpft statt erholt"
- Arbeitsdruck und ständige Erreichbarkeit beeinträchtigen Erholung: Knapp die Hälfte der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland (46,4 Prozent) berichten von einem hohen Arbeitsdruck – mit dem sie aber meist zurechtkommen. Für 9,2 Prozent dagegen führt ihre sehr hohe Arbeitsbelastung zu Druck und Überforderung. Lediglich 39,9 Prozent geben an, dass ihre Arbeitsbelastung gut verteilt und handhabbar ist.
- Mehr als die Hälfte der Befragten (54,4 Prozent) geben an, dass Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten ihre Erholung beeinträchtigt. Rund ein Drittel (33,5 Prozent) fühlt sich zudem verpflichtet, auch in der Freizeit erreichbar zu sein – bei den unter 25-Jährigen sind es 42,6 Prozent.
- Trotz des empfundenen Stresses rufen knapp die Hälfte der Befragten (47,4 Prozent) auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten berufliche E-Mails oder Nachrichten ab – über ein Drittel (36,7 Prozent) tut dies sogar im Urlaub.
- Hinzu kommt: 80,6 Prozent der Befragten leisten regelmäßig Überstunden. Davon arbeiten 42,9 Prozent bis zu zwei Stunden zusätzlich pro Woche, 37,6 Prozent sogar drei Stunden oder mehr.
„Die Ergebnisse zeigen, dass Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit, hohe Arbeitsbelastung und fehlende Erholung klare Risikofaktoren für Krankheitssymptome an freien Tagen sind. Besonders jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fühlen sich häufiger verpflichtet, außerhalb der Arbeitszeit erreichbar zu sein, was zu einer eingeschränkten Erholung führt“, erklärt Stefanie André.
Zeit für Erholung ist für viele Befragte sinnvoll und wichtig
38,4 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland fällt es schwer, nach der Arbeit abzuschalten und sich auf die Freizeit zu konzentrieren. Gleichzeitig stimmen nahezu alle Befragten (95,6 Prozent) voll und ganz oder eher zu, dass es wichtig und sinnvoll ist, sich Zeit für Erholung und Freizeit zu nehmen. Auffällig dabei: Je älter die Befragten, desto häufiger stimmen sie dem voll und ganz oder eher zu.
Fast alle (94,1 Prozent) stimmen zudem der Aussage voll und ganz oder eher zu, dass die eigene Freizeit als wertvolle Möglichkeit gesehen wird, Energie zu tanken und sich zu regenerieren. Auch hier zeigt sich: Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stimmen dieser Aussage tendenziell häufiger voll und ganz oder eher zu als jüngere.
Couch-Potatoe-Dasein kontraproduktiv?
Die Hälfte der Befragten (49,8 Prozent) geben an, ihre Freizeit ausgewogen zu gestalten – mit Erholung, Hobbys und sozialen Aktivitäten. Fast ein Fünftel (17,0 Prozent) sagt, dass sie die freie Zeit überwiegend passiv verbringt, etwa mit Fernsehen, empfindet diese Zeit jedoch häufig nicht als erholsam oder bereichernd.
„Menschen, die ihre Freizeit ausgewogen gestalten und sinnvoll nutzen, erleben seltener Leisure Sickness. Wer dagegen nach einer stressigen Arbeitswoche nur auf passive Erholung wie Fernsehen setzt, hat eine höhere Wahrscheinlichkeit, an freien Tagen Symptome wie Erschöpfung oder Kopfschmerzen zu entwickeln. Unternehmen können hier unterstützen, indem sie zum Beispiel Bewegungspausen und bewusste Entspannungsphasen in den Arbeitsalltag integrieren“, sagt Stefanie André.
Quelle: idw
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