Koronare Herzkrankheit: Phonokardiografie unter der Lupe
Die koronare Herzkrankheit (KHK) gehört hierzulande zu den häufigsten Herzerkrankungen. Es gibt laut Deutscher Herzstiftung rund 5 Millionen Betroffene. Bei der KHK sind die Blutgefäße (stenosiert), die den Herzmuskel mit Sauerstoff versorgen. Ursache dafür sind Ablagerungen in den Blutgefäßen, die im Laufe des Lebens entstehen (Arteriosklerose). Bei der Phonokardiografie zur KHK-Diagnostik zeichnet ein Aufnahmegerät mit flexibel schwenkbarem Mikrofon Koronargeräusche aufgrund von Verwirbelungen des Blutstroms in verengten Herzkranzgefäßen auf. In der Auswertung wird dann ein Wert berechnet, der zur Einschätzung des KHK-Risikos dienen soll.
Keine Vorteile der Phonokardiografie
Das IQWiG betont, dass eine klinische Studie mit Erwachsenen ohne bekannte KHK, aber mit Symptomen, die auf eine chronische KHK hindeuten, allerdings keine Vorteile der Phonokardiografie zur Diagnose einer KHK gegenüber anderen diagnostischen Verfahren zeige: Patientinnen und Patienten mit unklaren Brustschmerzen und mittlerem KHK-Risiko konnte durch eine Phonokardiografie demnach keine unnötige Folgediagnostik erspart werden. Eine Studie zur diagnostischen Güte habe überdies gezeigt, dass die Treffergenauigkeit (Sensitivität) der Phonokardiografie zum Ausschluss einer KHK nicht ausreiche: Bei jeder fünften bis jeder zehnten Person werde eine KHK nicht verlässlich erkannt, so das IQWiG.
Erhoffter Nutzen habe sich in Studien nicht gezeigt
Dementsprechend sieht das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) keinen Anhaltspunkt für einen Nutzen der Phonokardiografie zum Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit im Vergleich zu einer Untersuchungsstrategie ohne Phonokardiografie. Den Auftrag für diese Nutzenbewertung hatte das IQWiG vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erhalten. In der dänisch-schwedischen Studie FILTER-SCAD wurde an mehr als 2.000 Erwachsenen untersucht, wie eine zusätzliche Phonokardiografie die weitere Standardbehandlung und deren Ergebnisse beeinflusst. Auch weil die medizinische Behandlung in Dänemark, Schweden und Deutschland ähnlich ist, habe das IQWiG primär diese Studie für seine Bewertung herangezogen. In der Studie erfolgte die Phonokardiografie nach der Basisdiagnostik, aber vor spezifischer Folgediagnostik, wie z. B. Koronar-CT (Computertomografie), Belastungs-EKG (Elektrokardiogramm), Stressechokardiografie, kardialem MRT (Magnetresonanztomografie) oder Koronarangiografie. Das Vermeiden dieser für Betroffene oft belastenden Folgediagnostik war das Ziel in der FILTER-SCAD-Studie. Tatsächlich aber erhielten die Patientinnen und Patienten fast gleich häufig Folgediagnostik – egal, ob vorher die Phonokardiografie gemacht worden war oder nicht.
Keine Erprobungsstudie in Deutschland
Ein Test müsse mit hoher Sensitivität (> 95 Prozent) eine KHK erkennen können, um ausreichend Sicherheit geben zu können. In der zweiten vom IQWiG betrachteten Studie habe sich jedoch hierzu passend gezeigt, dass die Sensitivität der Phonokardiografie unter 90 Prozent liege. Dies bedeutet, dass bei über 10 Prozent der Personen eine KHK nicht erkannt wird. Der Hersteller der Phonokardiografie-Geräte hatte seine Diagnostik bereits Ende 2019 beim G-BA als Neuerung vorgeschlagen und erste Daten vorgelegt. Das IQWiG habe damals festgestellt, dass die Phonokardiografie zwar Potenzial besitze, die Datenlage jedoch noch unzureichend sei und dies daher in weiteren Studien geprüft werden sollte (Potenzialbewertung 2019). Der G-BA folgte dieser Einschätzung. Er beschloss 2022, dass eine Erprobungsstudie in Deutschland nicht erforderlich sei, weil eine passende Studie bereits andernorts lief, die jetzt vorliegende FILTER-SCAD-Studie. Der G-BA hatte das IQWiG am 28.11.2024 mit der Bewertung der Phonokardiografie zum Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit beauftragt. Auf Basis einer internen Projektskizze wurde ein Rapid Report erstellt. Dem Auftraggeber ist der nun veröffentlichte Rapid Report im Februar 2025 zugegangen.
G-BA muss nun entscheiden
Das Verfahren zur Phonokardiografie ist das erste, in dem nach einem Antrag auf Erprobung die Erkenntnisse aus einer laufenden Studie zunächst abgewartet und diese dann in einem IQWiG-Bericht bewertet wurden. Abgeschlossen wird das Verfahren in einigen Monaten durch den G-BA, der darüber entscheiden muss, ob die Phonokardiografie als neue ambulante GKV-Leistung eingeführt wird – oder nicht.
Quelle: IQWiG
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