Für Patientinnen und Patienten mit schwer behandelbaren entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sollen die neuen zellulären Therapien neue Behandlungsoptionen ermöglichen. Mittels körpereigener Abwehrzellen soll das Immunsystem wieder in die richtigen Bahnen gelenkt werden. „Mit den neuen zellulären Therapien rückt erstmals eine potenziell krankheitsmodifizierende Behandlung der rheumatologischen Autoimmunerkrankungen in greifbare Nähe“, sagt Professor Dr. med. Ulf Wagner, Präsident der DGRh aus Leipzig. Bei der sogenannten CAR-T-Zelltherapie werden Rheumakranken eigene T-Zellen entnommen. Diese weißen Blutkörperchen sind ein entscheidender Teil der Immunabwehr. Die T-Zellen werden im Labor gentechnisch verändert und anschließend den Patientinnen und Patienten wieder injiziert. Sie erkennen die krankmachenden B-Zellen im Körper und schalten diese gezielt aus – ein Prinzip, das sich bereits in der Krebsmedizin bewährt hat und nun auf Autoimmunerkrankungen wie systemischen Lupus erythematodes (SLE), Sklerodermie oder rheumatoide Arthritis (RA) übertragen wird. B-Zellen spielen bei diesen Erkrankungen eine Schlüsselrolle, und ihre gezielte Beseitigung durch CAR-T-Zellen soll die krankheitsauslösenden Prozesse an ihrem Ursprung stoppen.
Ansatz mit bispezifischen Antikörpern
Ein anderer Ansatz arbeitet mit bispezifischen Antikörpern, die im Körper T-Zellen dazu bringen sollen, gezielt gegen fehlgeleitete B-Zellen vorzugehen. Beide Konzepte unterscheiden sich grundlegend von klassischen Immunsuppressiva, die bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen breit im Organismus wirken, das Immunsystem insgesamt dämpfen und mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein können. „Die bisherigen klinischen Studien liefern ermutigende Ergebnisse“, sagt Professor Wagner. In einer Untersuchung zu systemischem Lupus erythematodes erreichten alle behandelten Betroffenen eine vollständige Remission. Dies sei ohne zusätzliche immunverändernde Medikamente gelungen. Bei Patientinnen und Patienten mit systemischer Sklerose hatten sich nach CD19-CAR-T-Zelltherapie Organfunktion und Lebensqualität verbessert. Auch bei therapieresistenter rheumatoider Arthritis sei mit bispezifischen Antikörper eine Krankheitskontrolle erreicht worden. Selbst in einzelnen Fällen seltener Erkrankungen wie der Granulomatose mit Polyangiitis habe sich eine positive Wirkung gezeigt. „Diese Daten deuten darauf hin, dass wir mit zellulären Therapien einen neuen Behandlungsweg eröffnen können, insbesondere für Patientinnen und Patienten, für die bisher kaum noch Optionen bestanden“, so Wagner.
Keine dauerhafte Schwächung des Immunsystems
Zelluläre Therapien bieten nicht nur die Möglichkeit, die Krankheitsaktivität gezielt zu unterdrücken. Sie könnten auch Nebenwirkungen verringern, weil das Immunsystem nicht dauerhaft geschwächt werden müsse. Zudem öffne sich ein neues Feld personalisierter Medizin, indem Therapien individuell auf die genetischen und immunologischen Profile der Erkrankten zugeschnitten werden könnten. Gleichzeitig sei aber die Herstellung von CAR-T-Zellen komplex und kostenintensiv, die Verfahren bislang nur in spezialisierten Zentren möglich. Mögliche Langzeitfolgen für das Immunsystem müssten weiter erforscht werden. „Bisherige Erfahrungen zeigen, dass Nebenwirkungen beherrschbar sind, wenn die Therapie sorgfältig überwacht wird“, so der Experte. „Die zellulären Therapien eröffnen vielversprechende Perspektiven“, fasst auch Rheumatologiekongress-Präsident Professor Dr. Andreas Schwarting zusammen. „Die kommenden Jahre werden zeigen, wie wir diese innovativen Ansätze in die breitere klinische Praxis übertragen können.“ In ihrer neuen „Kommission zelluläre Therapie“ setzen sich Expertinnen und Experten der DGRh intensiv mit den Chancen dieser zukunftsweisenden Verfahren auseinander.
Quelle: idw/DGRh
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