Laut Arbeitsgemeinschaft Influenza ist in den vergangenen Wochen die Influenza-Positivenrate schon deutlich angestiegen, der Beginn der Grippewelle deutet sich somit an. Es zirkulierten bisher hauptsächlich Influenza A(H3N2)- und A(H1N1)pdm09-Viren. Gleichzeitig hatte eine aktuelle Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) gezeigt, dass sich im Winter 2024/2025 nur noch 38 Prozent der TK-Versicherten ab 60 Jahren gegen Grippe impfen ließen. Das waren so wenige wie zuletzt in der Impfsaison vor dem Ausbruch der Pandemie. Nach einem Höchstwert von 49 Prozent im Coronawinter 2021/2022 falle die Quote jährlich ab. Die EU-Zielquote von 75 Prozent werde damit aktuell nur zur Hälfte erfüllt. Doch die Experten z.B. der DIVI mahnen zur Vorsicht und raten zu einem breiten Einsatz der Impfung. Wer jemals eine echte Grippe hatte, weiß in der Regel davon zu berichten. Die Auswirkungen reichen bis hin zu schweren Lungenentzündungen und einer notwendigen Beatmung auf der Intensivstation.
Superinfektionen nach Grippe
Das Influenzavirus kann sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe auslösen. Besonders gefährlich ist, dass eine Grippe die Lunge anfällig für zusätzliche bakterielle Infektionen macht, die ebenso eine schwere Lungenentzündung auslösen können. In einigen Fällen kann sich daraus sogar eine Sepsis entwickeln – eine lebensbedrohliche Komplikation. Das liegt daran, dass bei einer Infektion mit dem Influenzavirus ein wichtiger Abwehrmechanismus in der Lunge außer Kraft gesetzt wird. Was dabei genau passiert, hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Susanne Herold, Ph.D., Professur für Innere Medizin, Infektiologie und experimentelle Pneumologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), nun herausgefunden – und damit auch einen möglichen neuen Therapieansatz aufgezeigt.
Alveolarmakrophagen sterben ab
Ein wichtiger Bestandteil der körpereigenen Abwehr in der Lunge sind die sesshaften „Fresszellen“, sogenannte gewebsresidente Alveolarmakrophagen. Diese spezialisierten Immunzellen sitzen genau dort, wo die Außenwelt auf das empfindliche Lungengewebe trifft, und bilden eine entscheidende erste Barriere gegen Krankheitserreger. Schwere Influenzavirusinfektionen führen häufig dazu, dass diese schützenden Zellen sterben. Das Forschungsteam entdeckte, dass Neutrophile – weiße Blutkörperchen, die auch zu den „Ersthelfern“ des Immunsystems gehören – bei einer schweren Influenzavirusinfektion in die Lunge einwandern. Dabei setzen sie ein Molekül frei, das zur sogenannten Tumornekrosefaktor-Superfamilie (TNFSF) gehört, einer Gruppe von Signalstoffen, die für die Auslösung von Zelltod bekannt sind. Die Untersuchungen zeigen: Sobald das TNFSF14 genannte Molekül von den „Fresszellen“ aufgenommen wird, führt es zum Absterben dieser wichtigen Immunzellen. Damit verliert die Lunge einen wesentlichen Schutzmechanismus, was den Weg für bakterielle Erreger freimacht. Dies kann zu schwerwiegenden, im Extremfall lebensbedrohlichen, Folgen führen.
Mögliche neue Therapieansätze?
„Diese neuen Erkenntnisse verdeutlichen, wie entscheidend es ist, die Immunmechanismen der Lunge bereits in der frühen Phase einer Virusinfektion zu unterstützen“, sagt die Erstautorin der Studie Dr. Christina Malainou, Ärztin in der Medizinischen Klinik V des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) am Standort Gießen und angehende Infektiologin. „Gleichzeitig weisen sie auf mögliche neue Therapieansätze hin, die gezielt in diesen Prozess eingreifen. Solche Strategien könnten nicht nur bei Influenza-Pneumonien, sondern auch bei anderen schweren Virusinfektionen – einschließlich COVID-19 – von großem Nutzen sein.“
Quelle: idw/Justus-Liebig-Universität Gießen
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