DFG-Senatskommission bewertet das Risiko von Arbeitsstoffen

Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
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Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat ihre aktuellen wissenschaftlich basierten Empfehlungen zur Risikobewertung von am Arbeitsplatz verwendeten Stoffen vorgelegt. Sie sind der Bundesministerin für Arbeit und Soziales übergeben worden.

Die jährlich erscheinende MAK- und BAT-Werte-Liste von Grenzwerteempfehlungen dient als wesentliche Grundlage für die Umsetzung der Gefahrstoffverordnung in Deutschland. Die Empfehlungen der Senatskommission zum Umgang mit gesundheitsschädlichen Arbeitsstoffen werden zunächst durch den Ausschuss für Gefahrstoffe des Bundesarbeitsministeriums geprüft und dann gegebenenfalls in gesetzliche Regelungen überführt. Die Kommission feiert in diesem Jahr ihr 70-jähriges Bestehen und hat 2025 bereits zum 61. Mal die Liste erarbeitet. Die digitale Fassung der Empfehlungen steht in Kürze auch in englischer und spanischer Sprache im Open Access zur Verfügung, sodass sie international als Grundlage für den Arbeitsschutz dienen kann.

Für die aktuellen Empfehlungen für Luftgrenzwerte änderte die Kommission die Bewertung des Risikos von zwölf Arbeitsstoffen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und nahm vier Substanzen neu in die Liste der Empfehlungen auf: Acetoin, Benzylacetat, Benzylformiat und Benzophenon-3. Die Grenzwerte geben die Maximale Arbeitsplatz-Konzentrationen (MAK-Werte) an, also die Stoffmengen, die als Gas, Dampf oder Aerosol in der Luft am Arbeitsplatz langfristig keinen Schaden verursachen.

Zudem weisen die Empfehlungen Beurteilungswerte in Blut und Urin aus, um die aus dem Kontakt mit einem Arbeitsstoff resultierende individuelle Belastung arbeitsmedizinisch-toxikologisch bewerten zu können. Hierbei handelt es sich unter anderem um die Konzentrationen von Arbeitsstoffen im Körper, denen ein Mensch sein Arbeitsleben lang ausgesetzt sein kann, ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen – die Biologischen Arbeitsstoff-Toleranzwerte (BAT-Werte) – oder die Biologischen Arbeitsstoff-Referenzwerte (BAR), mit denen das Ausmaß einer beruflichen Belastung erfasst werden kann.

In diesem Jahr enthält die Liste hinsichtlich der Beurteilungswerte in biologischem Material Änderungen für fünf Substanzen. Darüber hinaus umfasst sie Angaben darüber, ob Arbeitsstoffe Krebs erzeugen, Keimzellen oder das werdende Kind in der Schwangerschaft schädigen, Haut oder Atemwege sensibilisieren oder in toxischen Mengen über die Haut aufgenommen werden können.

Lithium und Formaldehydabspalter im Fokus

Unter anderem befasste sich die Kommission im vergangenen Jahr intensiv mit sogenannten Formaldehydabspaltern – chemischen Verbindungen, die Formaldehyd freisetzen. Sie werden unter anderem in Kosmetika, in Farben oder in Kühlschmierstoffen verwendet, um eine Verunreinigung mit Mikroorganismen zu verhindern. Formaldehyd selbst kann krebserregend auf die oberen Atemwege wirken, sofern der MAK-Wert überschritten wird.

Bei der Bewertung von Formaldehydabspaltern muss insbesondere die Freisetzungsdynamik von Formaldehyd berücksichtigt werden, die zum Beispiel vom pH-Wert beeinflusst wird. Um die daraus resultierenden Wirkmechanismen im menschlichen Körper noch besser verstehen zu können, sollte die Freisetzung von Formaldehyd aus diesen Substanzen wissenschaftlich noch breiter diskutiert werden

Ein weiteres besonderes Augenmerk setzte die Kommission auf das Alkalimetall Lithium, essenzieller Bestandteil moderner Technologien. Durch den zunehmenden Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien in Elektrofahrzeugen und tragbaren elektronischen Geräten werden mögliche negative Auswirkungen auf Beschäftigte in der Industrie und erhöhte Umweltbelastungen diskutiert. Um dieser wachsenden Bedeutung von Lithium Rechnung zu tragen, bewertete die Kommission den Biologischen Arbeitsstoff-Referenzwert für Lithium anhand aktueller Literatur neu. Dadurch kann bei beruflich Belasteten geprüft werden, ob der Lithiumspiegel höher ist als die Hintergrundbelastung der Allgemeinbevölkerung und somit eine berufliche Belastung vorliegt.

Insgesamt veröffentlichte die Kommission im vergangenen Jahr 94 Publikationen. Zu allen überprüften Stoffen liegen jeweils ausführliche wissenschaftliche Begründungen vor. Um die Empfehlungen auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand zu halten, stehen die Vorschläge für Änderungen und Neuaufnahmen bis zum 31. Dezember 2025 zur Diskussion. Bis dahin können der Kommission neue Daten oder wissenschaftliche Kommentare vorgelegt werden.

Daten- oder KI-basierte Simulationsansätze

Für eine umfassende wissenschaftliche Empfehlung der Grenzwerte analysiert die Kommission alle verfügbaren Informationen, Erkenntnisse oder Studien, die jeweils zu einer Substanz vorliegen. Neben den Daten aus Humanstudien werden auch Erkenntnisse aus unterschiedlichen Tiermodellen herangezogen und mit vorhandenen Humandaten abgeglichen. Hinzu kommen Untersuchungen zum Wirkungsmechanismus der jeweiligen Substanz, beispielsweise in Zellkulturen. Für die Bewertung der Daten bedarf es der Expertise von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachdisziplinen, die in der Kommission Hand in Hand arbeiten.

In den vergangenen Jahren sind zudem zahlreiche alternative Ansätze zur Bewertung von Substanzen entwickelt worden, die sogenannten New Approach Methods (NAMs), darunter insbesondere daten- oder KI-basierte Simulationsansätze, aber auch Hochdurchsatz-Testsysteme. Nach Einschätzung der Kommission können diese in einigen Bereichen bereits jetzt eine sinnvolle Ergänzung zu den eher konventionellen toxikologischen Untersuchungsmethoden sein. Insgesamt aber sind sie noch nicht weit genug fortgeschritten, um sie allein für eine quantitative Risikobewertung und Grenzwertableitung verlässlich nutzen und damit beispielsweise Tierversuche vollständig ersetzen zu können.

Alle von der Senatskommission erarbeiteten Stoffbegründungen und Methodenbeschreibungen sind in der MAK-Collection auffindbar. Neben den aktuellen Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeit der Kommission sind alle weiteren Veröffentlichungen im Open Access zugänglich und die Erkenntnisse damit für eine umfassende wissenschaftliche Nachnutzung aufbereitet.

Quelle: idw

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