So gab es früh in der Pandemie Warnungen vor möglichen kardiovaskulären Schäden durch SARS-CoV-2 und dass ein „let it rip“ nicht als langfristige, tragfähige und präventive Strategie geeignet sein kann. Doch nachdem die Themen saubere Luft und Luftfilter in Innenräumen oder Masken im Gesundheitswesen keinen Anklang gefunden hatten und auch von der Politik ignoriert wurden, meldet sich nun die European Society of Cardiology (ESC) zu Wort. In der Zeitschrift European Journal of Preventive Cardiology wurde ein klinisches Konsensusstatement veröffentlicht. Es soll einen umfassenden Überblick über Strategien zur kardiovaskulären Prävention in allen Stadien von COVID-19 geben. Die kardiovaskulären Auswirkungen von COVID-19, die von einer akuten Infektion über Long COVID bis hin zu impfbedingten Komplikationen reichen, stellen laut Autorenteam weiterhin eine erhebliche Herausforderung für die öffentliche Gesundheit dar. So wird geschätzt, dass mehr als 20 Prozent der Long COVID-Patienten kardiale Symptome entwickeln. Dies würde bedeuten, dass etwa 2 bis 5 Prozent aller SARS-CoV-2-Infizierten kardiales Long COVID entwickeln könnten.
Die Pandemie habe gezeigt, dass COVID-19 kardiovaskuläre Komplikationen auslösen und verschlimmern kann, die sowohl während der akuten Phase der Infektion als auch in der postakuten Phase beobachtet werden. Darüber hinaus können eine Reinfektion und Nebenwirkungen von COVID-19-Impfstoffen zu kardiovaskulären Ereignissen beitragen, betonen die Autoren [1].
Auswirkungen auf Kinder
Herrschte zu Beginn der Pandemie noch die Meinung vor, Kinder seien durch SARS-CoV-2 nur wenig betroffen, ändert sich allmählich diese Sichtweise. Eine aktuelle Studie in der Zeitschrift Brain and Behavior untersuchte mikrostrukturelle Veränderungen des Gehirns bei Kindern nach einer COVID-19-Infektion. Und die Ergebnisse sind beunruhigend. Es handelt sich zwar um eine kleine Studie, aber es gab eine (gesunde) Kontrollgruppe. Alle Teilnehmer unterzogen sich einer hochauflösenden T1-gewichteten Magnetresonanztomografie (MRT) auf einem 3T-Scanner unter Verwendung identischer Aufnahmeprotokolle. Ziel war es, kortikales Volumen, Dicke und Sulcustiefe zu quantifizieren. Kortikale Volumenanalysen ergaben bei Kindern nach COVID-19-Infektion einen Rückgang in Regionen wie dem cingulären Cortex, dem Hippocampus und dem Gyrus temporalis superior. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass Kinder, die sich von COVID-19 erholen, strukturelle Veränderungen im Gehirn und Störungen der Netzwerkkonnektivität aufweisen können. Einige dieser Veränderungen hatten sich mit der Zeit zwar teilweise zurückgebildet, aber andere blieben bestehen. Angemahnt wird eine langfristige Nachbeobachtung durch umfassende Bildgebung und klinische Evaluation [2].
Olfaktorische Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion
Eine andere aktuelle Studie stellte die Frage, welche Muster von Riechstörungen bei Erwachsenen nach einer SARS-CoV-2-Infektion auftreten. In der recht großen Kohortenstudie mit insgesamt 3.525 Teilnehmern wiesen 1.111 (80 Prozent) von 1.393 SARS-CoV-2-infizierten Teilnehmern, die im Mittel zwei Jahre nach der Infektion einen Verlust oder eine Veränderung des Geruchs- oder Geschmackssinns meldeten, bei formalen Tests eine Hyposmie (Riechstörung) auf. Insgesamt 321 (23 Prozent) wiesen eine schwere Riechstörung oder sogar Anosmie (Verlust des Riechvermögens) auf. Hyposmie lag auch bei 1.031 von 1.563 Teilnehmern (66 Prozent) mit vorheriger Infektion vor, die jedoch selbst keine Veränderung oder keinen Verlust des Geruchssinns berichteten. 8,2 Prozent davon litten sogar unter schwerer Riechstörung oder Anosmie.
Die Autoren betonen, dass diese Ergebnisse darauf hindeuten, dass eine okkulte Hyposmie nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 häufig vorkommt und dass nach der Infektion eine Geruchstestung in Betracht gezogen werden sollte, um eine Geruchsstörung zu diagnostizieren und Patienten über die Risiken eines Geruchsverlusts zu beraten [3].
SARS-CoV-2 und das Immunsystem
Eine etwas ältere Studie hat sich die Auswirkungen einer(schweren) SARS-CoV-2-Infektion auf das Immunsystem vorgenommen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine schwere COVID-19-Erkrankung ein ausgeprägtes immunologisches Profil zeige. Gefunden wurden erhöhte Neutrophilen- und verringerte Lymphozytenwerte, wie sie häufig bei Pilz- und Bakterieninfektionen auftreten. Die Studie belege, dass hospitalisierte COVID-19-Patienten Anzeichen einer Neutrophilen-Degranulation aufweisen und eine erhöhte Expression von LOX-1 (neutrophil surface lectin-like oxidized low-density lipoprotein receptor-1). Es handele sich um einen Marker für PMN-MDSCs (polymorphonuclear myeloid-derived suppressor cells), die Immunantworten von T-Zellen unterdrücken können. Sowohl die frühe Expression von LOX-1 als auch die des PD-L1 (programmed cell death-ligand 1) auf Neutrophilen seien mit der Entwicklung einer schweren Erkrankung verbunden gewesen. Es wurde zudem gezeigt, dass SARS-CoV-2 die LOX-1-Oberflächenexpression in gesunden Neutrophilen induzieren kann. Damit kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die PMN-MDSC eine Rolle bei schweren COVID-19-Erkrankungen spielen [4].
Einsatz von Filtern und Lüftung in Krankenhäusern
Nosokomiale Infektionen sind ein großes Problem. Dazu zählt auch eine SARS-CoV-2-Infektion in Mehrbettzimmern. Untersucht wurden in einer Studie deshalb die Auswirkungen von entsprechender Lüftung und Filterung bei Patienten, die zwischen Januar und Oktober 2022 in Mehrbettzimmern in fünf Krankenhäusern SARS-CoV-2 ausgesetzt waren. Es zeigte sich, dass unter 468 exponierten Patienten die Sekundärinfektionsrate bei 26,3 Prozent lag (Spanne: 7,5–33,3 Prozent in allen Krankenhäusern). In der multivariaten Analyse war eine erhöhte Luftwechselrate mit einem geringeren Infektionsrisiko verbunden, ebenso wie bei Expositionsdauer und Ct-Wert des Indexpatienten. Das Vorhandensein von mechanischer Raumlüftung hatte ebenfalls zu einem geringeren Infektionsrisiko beigetragen, während der Einfluss eines tragbaren HEPA-Filters nicht signifikant gewesen war. Gefordert wird, dass zukünftige prospektive Studien die optimalen Luftwechsel-Grenzwerte und die Auswirkungen tragbarer HEPA-Filter untersuchen sollten [5].
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